Landshut: Kult-Disko "Pulverfass" macht nach 48 Jahren Schluss

Das Fassl hat nach 48 Jahren sein letztes Pulver verschossen.
von  Emanuel Socher-Jukiæ
Das Pulverfass: Was jetzt mit dem Haus an der Niedermayerstraße passiert, ist noch unklar.
Das Pulverfass: Was jetzt mit dem Haus an der Niedermayerstraße passiert, ist noch unklar. © Christine Vincon/Archiv

Landshut - Es war eine Konstante des Landshuter Nachtlebens wie keine zweite: das Tanzlokal "Wolfgang's Pulverfass" an der Maximilanstraße. Nun, nach 48 Jahren, schließt es. Das verkündete die Betreiberfamilie Priester am Dienstag auf Facebook. "Wir als Familie Priester werden die Tür von ‚Wolfgang's Pulverfass' nicht mehr öffnen", heißt es dort.

 

Corona zwingt Kult-Club zum Schließen

Begründet wird der Schritt mit Covid-19 und den Auswirkungen auf Gesellschaft und Veranstaltungsbranche. Fröhlichkeit und Ausgelassenheit, wie sie zum "Pulverfass" gehörten, werde in absehbarer Zeit nicht mehr umsetzbar und lebbar sein. "So mussten wir nun eine Entscheidung treffen, die uns mehr als schwer gefallen ist", schreibt die Familie Priester.

Das Pulverfass hatte einen eigenwilligen Stil. Die einen würden sagen, so sahen Diskos in den 70ern nun mal aus. Die Gäste fühlten sich wohl, geändert wurde deshalb kaum etwas.
Das Pulverfass hatte einen eigenwilligen Stil. Die einen würden sagen, so sahen Diskos in den 70ern nun mal aus. Die Gäste fühlten sich wohl, geändert wurde deshalb kaum etwas. © Christine Vincon/Archiv

 

Seinen Ursprung hatte das "Fassl", wie es landläufig genannt wird, auf dem Gelände des Landshuter Brauhauses in der Pulverturmstraße. Wolfgang Priester eröffnete es dort 1972. Wenig später zog er mit seinem Tanzlokal an den heutigen Standort unweit des Hauptfriedhofs.

Der jahrzehntelange Erfolg des "Pulverfass" war vor allem in der Person Wolfgang Priesters begründet. Er war nicht nur Gastgeber, sondern auch DJ. Mit seiner Mischung aus Oldies, Discofox-Nummern und aktuellen Hits unterhielt er Generationen von Menschen im Landshuter Nachtleben. Bis zu einem schweren Unfall 2013 stand Wolfgang Priester jede Woche am DJ-Pult. Danach sorgten wechselnde DJs für die Musik, darunter Wolfgang Priesters Sohn Sascha. Als Wolfgang Priester im Oktober 2019 mit 72 Jahren an den Spätfolgen seines Unfalls verstarb, wollte seine Familie das "Pulverfass" dennoch weiterführen. Doch dann kam Corona. Am 14. März hatte das "Fassl" ein letztes Mal offen. "Es war ein sehr schöner Tanzabend mit vielen Fassl-Freundinnen und -Freunden", schreibt Familie Priester auf Facebook. Seitdem müssen Tanzlokale und Diskotheken geschlossen bleiben.

War jahrzehntelang Vater des Erfolgs: Wolfgang Priester ist im Oktober 2019 mit 72 Jahren an den Spätfolgen eines Unfalls verstorben.
War jahrzehntelang Vater des Erfolgs: Wolfgang Priester ist im Oktober 2019 mit 72 Jahren an den Spätfolgen eines Unfalls verstorben. © Christine Vincon/Archiv

"Für viele war das Fassl die zweite Heimat am Wochenende"

Einer, der einen großen Teil der "Pulverfass"-Zeit erlebt hat, ist Achim Reschke. 34 Jahre lang war er dort Barkeeper, bis 2017. Aus seiner Sicht bestand das Erfolgsrezept des Lokals aus zwei Zutaten: "Dem Chef, Wolfgang, und dem Personal, das jahrelang dort gearbeitet hat." Zudem hätten sich dort alle Altersgruppen und alle soziale Schichten getroffen. "Es war eine tolle Zeit."

Achim Reschke ist 34 Jahre Barkeeper im Pulverfass gewesen, bis er 2017 schließlich dort aufhörte.
Achim Reschke ist 34 Jahre Barkeeper im Pulverfass gewesen, bis er 2017 schließlich dort aufhörte. © Christine Vincon/Archiv

 

Auf Facebook wird auf die Nachricht mit viel Bedauern, aber auch Verständnis reagiert: "Für viele nicht nur Landshuter war das Fassl die zweite Heimat am Wochenende", heißt es da, oder: "Sehr sehr schade, jetzt gibts dann bald gar nix mehr in Landshut aber verständlich".

Was mit dem Gebäude, in dem sich das "Pulverfass" befindet, passiert, ist unklar. Durch die Schließung ist das ohnehin nicht besonders reich gesegnete Landshuter Nachtleben erneut um eine Lokalität ärmer.

In den vergangenen Jahren machten bereits mehrere Clubs und Diskos dicht: So schlossen das "Bauhaus" in der Altstadt, der "Kn4st" im alten Gefängnis und das "MeaMea" im CCL.

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