Landshut: Das Ende der "Drachenburg"

Die Mieten: bis zu 1.300 Euro. Der Zustand: indiskutabel. Die Bewohner der "Drachenburg" in Landshut sind ausgezogen. Der Fall ist noch lange nicht erledigt.
von  Ingmar Schweder
Nach Angaben der Stadt hatten zuletzt rund 200 Personen den Wohnblock an der Luitpoldstraße 32 bewohnt. Jetzt ist er leer.
Nach Angaben der Stadt hatten zuletzt rund 200 Personen den Wohnblock an der Luitpoldstraße 32 bewohnt. Jetzt ist er leer. © Schweder

Landshut - Ein paar wenige Bewohner tragen am Montagmorgen noch letzte Kisten aus dem Wohnblock, verstauen sie in Autos. Manches, was aus dem Gebäude getragen wird, landet auf einem Sperrmüllhaufen, der sich an der Rückseite des Gebäudes in die Höhe türmt. Zurückgelassen werden ein paar klapprige Fahrräder, Kinderfahrräder und Kinderwagen, die rund um die "Drachenburg" verteilt an der Hauswand lehnen; oder einfach zwischen Schutthaufen auf dem Boden liegen.

Am Montagmorgen nach dem großen Auszug türmt sich ein Sperrmüllhaufen auf der Rückseite des Gebäudes auf.
Am Montagmorgen nach dem großen Auszug türmt sich ein Sperrmüllhaufen auf der Rückseite des Gebäudes auf. © Schweder

Wer "Drachenburg Landshut" bei Google eingibt, bekommt das Gebäude als "Campinghütte in Bayern" beschrieben. Eine wohlwollende Charakterisierung für einen Wohnblock mit rund 200 Bewohnern, den die Stadt Landshut wegen erheblicher baulicher und brandschutztechnischer Mängel und der sich daraus resultierenden Gefahr für Leib und Leben für die Bewohner räumen lassen musste.

Versäumnisse im Umgang mit "Drachenburg"

Zuvor hatte die Fraktion CSU/LM/JL/BfL die Nutzungsuntersagung in einem elfseitigen Antrag gefordert und der Stadt erhebliche Versäumnisse im Umgang mit der "Drachenburg" vorgeworfen. Dabei war von einem "Katz-und-Maus-Spiel" zwischen Bauaufsicht und Eigentümern die Rede.

Dem Schlussstrich vergangene Woche waren diverse zugesagte Sanierungen des Komplexes durch die Eigentümer vorausgegangen, die jahrelang nicht eingehalten wurden und auf die die städtische Sanierungsstelle gleichwohl weiterhin vertraut haben soll.

Ein weiterer Kritikpunkt des Antrags waren die undurchsichtigen Eigentümer- und Vermieterstrukturen, die nicht nur das Gebäude Luitpoldstraße 32, sondern den ganzen Wohnkomplex mit den Hausnummern 30, 30a, 30b und 32 betreffen. Die meisten Wohnungen gehören Immobilienunternehmer Peter Wellano oder Stefan Stancu, jeweils mittels einer GmbH. Die ehemaligen Bewohner der "Drachenburg" kamen vornehmlich aus Rumänien, zudem wohnten Flüchtlinge und Arbeiter des Schlachthofs Vion im Gebäude.

Drachenburg schon zu 95 Prozent geräumt

Am Montagmorgen ist es rund um die "Drachenburg" an der Luitpoldstraße 32 weitgehend still geworden. Der große Auszug der Bewohner hatte am vergangenen Wochenende stattgefunden. Ein Hausmeister des Wohnkomplexes steht montags am Eingang, er telefoniert viel, behält alles und jeden im Blick, der sich auf dem Gelände aufhält. Ein Angestellter eines Securityunternehmens, das nach der Nutzungsuntersagung durch die Stadt Landshut im Notfall eine Evakuierung einleiten sollte, ist ebenfalls noch vor Ort.

Viele Bewohner, viele Klingeln, kaum Klingelschilder.
Viele Bewohner, viele Klingeln, kaum Klingelschilder. © privat

Einige Eigentümer der "Drachenburg" müssen sich aktuell vor der Wirtschaftskammer des Landgerichts unter anderem wegen Insolvenzverschleppung, Untreue und vorsätzlichem Bankrott verantworten . Als Generalvermieter der "Drachenburg" ist in der Vergangenheit verstärkt die La Mari GmbH in Erscheinung getreten, vertreten durch Stefan Stancu und dessen Frau Mariana Antonie.

Die Briefkästen hängen mittlerweile seitlich am Gebäude. Vorher waren alle noch im Hausflur an der Eingangstür angebracht.
Die Briefkästen hängen mittlerweile seitlich am Gebäude. Vorher waren alle noch im Hausflur an der Eingangstür angebracht. © Schweder

Stancu bestätigte am Montagmorgen gegenüber Mitarbeitern der Bauaufsicht der Stadt Landshut, dass das mehrstöckige Gebäude zu 95 Prozent geräumt sei. Gegenüber unserer Mediengruppe wollte er sich nicht weiter äußern. Gegen Mittag, so die Stadt Landshut, war das Gebäude dann vollständig geräumt. Die am Montag noch übrigen Bewohner hätten das Haus freiwillig und geordnet verlassen; Polizeikräfte waren zwar vor Ort, mussten jedoch nicht einschreiten. Etwa 115 Personen, die bisher in dem Mietwohnungsgebäude untergebracht waren, befinden sich nun in einer von der Stadt zur Verfügung gestellten Notunterkunft.

Bis zu 1.300 Euro für 27 Quadratmeter

Wie Stadtrat Ludwig Schnur (CSU/LM/JL/BfL) sagt, hat die Stadt in den vergangenen Jahren immer wieder bauaufsichtliche Anordnungen treffen müssen. Als wegen erheblichen Gefahren kurzfristig die Nutzungsuntersagung ausgesprochen werden musste, habe die Stadt einige Tage gebraucht, um eine mögliche Zwangsräumung mit der Polizei zu koordinieren, die nun erspart blieb.

Dem Vernehmen nach besitzt Stancu weitere Objekte im Umkreis von Landshut und in Hof. Schnur: "Die Nutzungsuntersagung hat vorerst die Mieter am härtesten getroffen. Man muss jetzt in einem zweiten Schritt schauen, dass man diejenigen zur Rechenschaft zieht, die jahrelang an diesem lukrativen Geschäftsmodell verdient haben." Stancu habe selbst als Hausmeister in der "Drachenburg" angefangen und schließlich dort auch Wohnungen gekauft. Wie kürzlich bekannt wurde, sind aktuelle Mietverträge aufgetaucht: Bis zu 1.300 Euro soll die Miete pro Wohnung in der "Drachenburg" betragen haben, die recht einheitlich mit Größen von 27 Quadratmetern sind. Bis zu fünf Personen sollen sich einen dieser Haushalte geteilt haben.

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