Junge Landshuterin geht wegen Entführung in den Knast.
Unschöne Geschichte." "Gruppendynamischer Prozess." Und: "Relativ dilettantisch." Diese, den Verteidigerplädoyers entnommenen Formulierungen spiegeln den Fall wieder, dessen juristische Aufarbeitung am Mittwoch vor der Jugendkammer des Landgerichts in fünf Urteilen mündete. Eine 29-jährige Landshuterin stiftete vier junge Männer an, einen Bekannten zu entführen. Nachdem die Mutter des Geisenhauseners die Polizei einschaltete, beschränkte sich die "unschöne Geschichte" auf wenige Stunden.
Sie hatte eine Waffe bei sich und sie machte dem Entführten Angst
Die Urteile von fünf Verhandlungstagen: Rädelsführerin Katharina S. wurde wegen erpresserischem Menschenraub, schwerer räuberischer Erpressung und unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Waffen zu einer Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt. Sie habe eine Waffe bei sich gehabt – die psychischen Folgen für den Entführten seien massiv.
Der 20-jährige Ronny S. muss als Mittäter für dreieinhalb Jahre hinter Gitter. Bei den weiteren Angeklagten sah die Kammer eine Beihilfe als erwiesen an und verhängte Freiheitsstrafen zwischen zwei Jahren und drei Jahren und neun Monaten. Bei Katharina S. und einem wegen Beihilfe verurteilten 19-Jährigen wurde zudem die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Bei allen angeklagten Männern kam Jugendstrafrecht zur Anwendung. Was passierte: Am 19. April 2017 zwangen Katharina S. und Ronny S. in der Nähe der Skaterbahn Geisenhausen den Geschädigten Marcel A. unter vorgehaltener Waffe, in ihr Auto einzusteigen, um eine Drogenschuld einzutreiben.
Als Fahrer fungierte der mitangeklagte Gregor B.. Während der Fahrt nach Landshut forderten sie Geld und Elektrogeräte. In der Wohnung von Ronny S. warteten die weiteren Angeklagten, die einer Absprache zufolge Marcel A. "übernahmen"und in der versperrten Wohnung auf ihn aufpassten. Das Trio machte sich wieder auf den Weg nach Geisenhausen, nachdem sie A. die Haustürschlüssel abgenommen hatten, um dessen Wohnung nach Wertgegenständen zu durchsuchen. Dort vor Ort wartete schon die Polizei auf sie, die von der Mutter des Entführten verständigt wurde.
Alle Angeklagten nahmen vor der Tat drei Tage lang Drogen
Zum Motiv gab Katharina S. vor Gericht Schulden bei ihren Dealern im dreistelligen Bereich an. Marcel A. wiederum hatte Drogenschulden ihr. Da sei sie vor der Wahl gestanden: "Entweder Entführung oder richtig Ärger."Alle Angeklagten hatten angegeben, vor der Tat drei Tage lang ununterbrochen Drogen konsumiert zu haben. Die Kammer hielt den Angeklagten eine durch den Drogenkonsum bedingte Enthemmung zugute.
Weil bei zwei der jungen Männer diverse Vorstrafen zu verzeichnen waren, fiel das Strafmaß relativ hoch aus. Beide waren erst unmittelbar vor der Entführung verurteilt worden. Die Rückfallgeschwindigkeit sei schon "der Oberhammer“, sagte Staatsanwalt Gerald Siegl. Zugute hielt das Gericht allen Angeklagten, dass sie einen Adhäsionsvergleich mit den Geschädigten geschlossen haben.