Jeder dritte in Bayern fällt bei der Führerscheinprüfung durch
Fast jeder hat ihn, den Führerschein. Eine leichte Übung also, könnte man meinen. Doch weit gefehlt. Derzeit fallen so viele Fahrschüler durch die Prüfung wie schon seit zehn Jahren nicht mehr. Laut Kraftfahrtbundesamt bestand mehr als jeder Dritte in Bayern seinen Führerschein nicht auf Anhieb. 2016 lag die Durchfallquote der theoretischen Prüfung bei fast 34 Prozent, knapp 25 Prozent sind in der Praxis gescheitert. Zum Vergleich: 2006 haben in Bayern nur 26 Prozent die theoretische Prüfung nicht bestanden, 24 Prozent die praktische nicht.
Offenbar ist die theoretische Prüfung für viele die größte Hürde – obwohl sich der Fragen- und der Fahrpraxis-Teil nach Angaben des TÜV Bayern Süd, der die Prüfungen durchführt, seit mehr als zehn Jahren nicht wesentlich verändert hat. Woher kommt dann das Problem? "Die Gründe werden von uns nicht erhoben", erklärt Sprecher Luca Vincenzo.
Fahrlehrer: "Die Jugendlichen sind nicht mehr so belastbar und auch nicht kritikfähig"
Für Fahrlehrer Egmond Heidenfelder von der Fahrschule LA-Drive ist das allerdings eine klare Sache: "Wer die Theorieprüfung nicht schafft, hat einfach nicht genug gelernt!" Oft fehle heute den Jugendlichen die nötige Motivation. Die hätte bei ihnen in den letzten zehn Jahren immer weiter abgenommen. "Viele müssen heute erst von ihren Eltern dazu ermuntert werden, den Führerschein zu machen", sagt Heidenfelder.
Grundsätzlich entscheidet der Fahrlehrer, ob der Schüler zur Prüfung zugelassen werden kann. Allerdings gibt es laut Heidenfelder auch immer wieder Fahrschüler, die auf eigenen Wunsch darauf drängen, möglichst schnell zur Prüfung zugelassen zu werden, obwohl sie noch nicht optimal dafür vorbereitet sind. "Das spielt sicher mit eine Rolle, warum immer mehr Fahrschüler durch die Prüfung rasseln."
Fahrschulinhaber Harald Wendl macht die hohe Durchfallquote an der heutigen Erziehung fest. "Die Jugendlichen sind nicht mehr so belastbar und auch nicht kritikfähig", sagt er. Auch fehle oft der nötige Respekt gegenüber dem Fahrlehrer. Deshalb könne man Schülern nur sehr schwer das nötige Wissen vermitteln. "Erst wenn der Prüfer ins Auto steigt, kommt das große Zittern – aber dann ist es meist zu spät", sagt der Fahrlehrer. Diesem Prüfungsdruck seien sie dann nicht gewachsen. Wenn sie aber durch die theoretische Prüfung fallen würden, sei das einfach nur Faulheit. "Es gibt heute sehr gute Lernprogramme mit über 1000 Fragen, und wenn der Schüler die komplett durcharbeitet, dann ist er auch auf die Prüfung gut vorbereitet."
Mit der Rückkehr zum G9 soll mehr Zeit für den Führerschein sein
Siegbert Schnarr, Vorsitzender des Regionalverbands Landshut bayerischer Fahrlehrer, und Inhaber von Sigis Fahrschule kann nur vermuten, warum die Quote so schlecht ist. Besonders im theoretischen Teil der Prüfung könnten auch Flüchtlinge und Migranten, die in Deutschland ihren Führerschein machen, zu diesem Ergebnis beitragen. Vieles scheitere eben an der Sprachbarriere. "Es gibt zwar die Möglichkeit, die Theorieprüfung bereits in zwölf Fremdsprachen abzulegen, doch mit gewissen Fachausdrücken gibt es aus Erfahrung Probleme", sagt Schnarr. Die Übersetzungen würden nicht immer das wiedergeben, was im Deutschen gemeint sei. Der Fahrschüler bekomme nach der Prüfung nur ein Dokument mit der Fehlerquote und ob er bestanden hat.
Für die Fahrlehrer wäre es aber hilfreich, wenn sie lesen dürften, welche Fragen falsch beantwortet wurden. "Dann könnten wir die gleiche Frage in Deutsch suchen und den nichtdeutschsprachigen Schülern gezielt helfen", sagt Schnarr. Ein weiteres Argument für die Durchfallquote ist nach Ansicht des Regionalverbandsvorsitzenden das hohe Verkehrsaufkommen. "Vor 20 oder 30 Jahren war alles viel langsamer." Heute sei man sogar mit dem Fahrrad schnell unterwegs. "Gerade die E-Bikes sind eine extreme Belastung für Fahrschüler."
Einen Grund für das Scheitern sieht Schnarr auch in der Einführung des achtstufigen Gymnasiums. Die Reduzierung der Gymnasialzeit habe bei den Schülern für viel Stress und Überforderung gesorgt. "Deshalb ist kaum noch Zeit für den Führerschein", so Schnarr. "Mit der Rückkehr zum G9 hoffen wir nun, dass die Jugend auch bald wieder mehr Zeit für Fahrstunden hat."
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