In Sachen Nachwuchs im Handwerk werden weiter kleine Brötchen gebacken
Landshut - Dringend gesucht sind in der Region Landshut in diesem Jahr Auszubildende in den Bereichen Fachverkäufer für Bäckereien, Kaufleute im Einzelhandel, in der Systemgastronomie und in Metzgereien. Gebraucht werden aber auch Bäcker, Friseure, Maurer, Tischler und vor allem Elektroniker.
Das verzweifelte Werben um Azubis zieht sich durch die gesamte Handwerksbranche. Allein in den Bäckereien sind nach Angaben der Agentur für Arbeit in der Region Landshut insgesamt noch 47 Ausbildungsstellen offen.
Bäckerinnungsobermeister Michael Schleich betreibt fünf Filialen in Frontenhausen, Reisbach und Griesbach. Bei ihm sind 27 Bäckereifachverkäuferinnen angestellt, davon 24 als Teilzeitkräfte. Wenn es darum geht, Nachwuchs und Personal zu finden, weiß er also, wovon er spricht.
Der Bäckermeister führt die Schwierigkeiten hauptsächlich auf den demografischen Wandel und die Akademisierung der Gesellschaft zurück. "Es gibt einfach zu wenig Jugendliche, die noch eine Ausbildung machen wollen. Die meisten von ihnen gehen aufs Gymnasium und studieren gleich danach", sagt Schleich.
Der Ministerialbeauftragte Anselm Räde (Hans-Leinberger-Gymnasium) ist zuständig für alle Gymnasien in Niederbayern. Er sagt, dass etwa 47 Prozent aller Kinder in der Stadt Landshut die Schullaufbahn an einem Gymnasium anstreben. In ländlichen Gebieten sind es regelmäßig knapp über 30 Prozent. "Diese Quote bleibt derzeit relativ konstant", so Räde. Jedoch könne man feststellen, dass immer mehr Schüler, die vorher andere Schulsysteme besucht haben, dann doch noch das Abitur nachholen wollen, um anschließend zu studieren.
Wie die Arbeitsagentur Landshut-Pfarrkirchen auf AZ-Anfrage mitteilt, sind derzeit im Raum Landshut noch 386 Ausbildungsstellen unbesetzt. Es gebe deutlich mehr Stellen als Bewerber.
Im August 2018 waren 503 von 1 912 Stellen unbesetzt, was einer Quote von 26 Prozent entspricht. Die Tendenz steigt - im Jahr 2015 waren zur gleichen Zeit nur 21 Prozent der Stellen unbesetzt - verlässlich weiter nach oben.
Um sich attraktiver zu präsentieren, müssen Betriebe kreativ sein
Im Gegenzug haben dafür aber auch im August 2018 158 Bewerber keinen Ausbildungsvertrag abschließen können. 2015 waren es zur gleichen Zeit nur 131 Bewerber. Weitere Gründe für den Azubimangel in der Region erklärt Arbeitsagentursprecherin Doris Schramm: "Viele Jugendliche schrecken vor den Arbeitszeiten zurück, aber auch der Verdienst und Aufstiegsmöglichkeiten spielen bei der Wahl für den weiteren Lebensweg eine große Rolle."
Die Ausbildung zum Bäckereifachverkäufer und Bäcker läuft in etwa so: Die Ausbildung dauert drei Jahre (vier Tage im Betrieb, einen Tag Berufsschule); die Lehrlingsvergütung beträgt laut Tarifvertrag zwischen 430 Euro (1. Lehrjahr) und 670 Euro (3. Lehrjahr) mit etwa 30 Urlaubstagen pro Ausbildungsjahr.
Das klingt erst einmal wenig attraktiv. Kathrin Steidl, Sprecherin der Handwerkskammer Niederbayern/Oberpfalz, empfiehlt den Betrieben, mit der Zeit zu gehen. "Am wichtigsten ist es, sich als modernes und attraktives Beschäftigungsfeld zu zeigen", so Steidl. Ebenfalls sei es wichtig, den jungen Auszubildenden Aufstiegsmöglichkeiten anzubieten und die eigene Personalarbeit zu optimieren. Dazu gehöre auch, die bereits vorhandene Belegschaft im Betrieb zu halten.
Sich modern zu präsentieren, könne auf verschiedene Art und Weisen umgesetzt werden, sagt Innungsmeister Schleich. Das Handwerk müsse generell mehr Medienpräsenz zeigen. Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks gewährt zum Beispiel mit peppigen YouTube-Videos Einblicke in den Beruf.
Als moderner Betrieb in Landshut gilt die Bäckerei Mareis, der Bäckereifachverkäufer, Systemgastronomen, Kaufleute und natürlich Bäcker ausbildet. Dort sind dieses Jahr vier neue Azubis in den Filialen in Landshut und Vilsbiburg eingestellt worden. Zehn Lehrlinge betreut das Unternehmen insgesamt. Der Bäcker setzt Anreize: So bietet der Betrieb seinen Azubis nach dem Abschluss eine Jobgarantie an, bezahlt bei guten schulischen Leistungen den Führerschein und bietet Aufstiegschancen im Unternehmen an.
Als kreatives Marketing könnte man zudem folgende Aktion beschreiben: So bietet der Bäcker seinen Kunden ein Brezn-Abo an. Die Werbeaktion "Brezen für Bewerber" ist simpel, aber erfolgreich: Für jeden empfohlenen Bewerber, der zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird, gibt es eine Geschenkkarte im Wert von 50 Euro. Wird der Bewerber eingestellt, wird die Summe noch einmal erhöht.
Statistiken geben Hoffnung, zeigen aber auch die Probleme
Auch die Industrie- und Handelskammer Niederbayern (umfasst Betriebe aus Industrie, Handel, Dienstleistungen und Tourismus im IHK Bezirk, ausgenommen sind also die Berufe des Handwerks und die sogenannten freien Berufe) hat zum Thema Azubimangel eine aktuelle Umfrage in den Betrieben in Stadt und Landkreis gestartet. Das Ergebnis ist gemischt: Einerseits steht für 2018 fest, dass in den befragten Betrieben im September 860 junge Leute eine Ausbildung begonnen haben. Das sind 39 mehr als im Vorjahr, ein positiver Trend also.
Andererseits stehen dieser Entwicklung 44 Prozent unbesetzte Ausbildungsstellen niederbayerischer Unternehmen im Jahr 2017 gegenüber, laut IHK eine dringend zu verbessernde Quote, vor allem im Gaststätten- und im Versicherungsgewerbe.
Um diese Zahlen zu verbessern, setzen laut IHK mittlerweile 70 Prozent der Unternehmen in Niederbayern auf das Anbieten von Praktikumsplätzen, 41 Prozent sprechen gezielt neue Bewerbergruppen an, wie beispielsweise Studienabbrecher.
Einen positiven Trend würde sich die Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz auch wünschen. Immerhin sind die Ausbildungszahlen für die Stadt Landshut konstant. Die Zahl der angetretenen Ausbildungen ist mit etwa 160 in den vergangenen Jahren stabil geblieben.
Anders sieht es im Landkreis aus. Dort sinken die Zahlen. 2016 fanden dort noch 352, 2017 noch 242 Azubis eine Ausbildungsstelle. 321 sind es im Jahr 2018.
Ministerialbeauftragter Räde hat aber Hoffnung für Landshut: "Landshut ist eine Stadt, in der gegen den Trend die Einwohnerzahl ständig steigt."
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