Hospizverein Landshut: Erzähl mir die Geschichte vom Tod
Landshut - Mit dem Tod ist es immer so eine Sache: Richtig beschäftigen will sich keiner damit. Zu unangenehm, zu bedrohlich wirkt das Thema auf viele Menschen. Doch eins ist klar: Kommen wird er irgendwann, bei Angehörigen und bei einem selber. Grund genug, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen, bevor es zu spät ist.
Der Hospizverein Landshut hat deshalb seit Kurzem einen "Letzte-Hilfe-Kurs" im Angebot: In ihm erfahren Menschen, was man wissen muss, wenn es um's Sterben geht. Denn: "Was Hospiz- und Palliativarbeit angeht, ist Deutschland ein bisschen hinten dran", so Kunibert Herzing, Vorsitzender des Hospizvereins.
Wieso das so ist? Weiß so genau eigentlich keiner. Manche vermuten, nach dem Zweiten Weltkrieg wollte keiner mehr so richtig etwas mit dem Tod zu tun haben. Auch habe die moderne Krankenhaus-Medizin mit ihren Erfolgen dazu geführt, dass der Tod als Versagen von Ärzten gesehen wird.
Sterben ist ein Teil des Lebens - das will der Kurs auch vermitteln
Doch das kann es nicht sein, sagen die Vertreter des Hospizvereins. Im Kurs soll das auch vermittelt werden, denn: Sterben ist ein Teil des Lebens. Genau so heißt auch einer der vier Themenblöcke des Kurses, die in komprimierter Form zu je 45 Minuten Interessierte informieren. Weitere Blöcke beinhalten die Themen "Vorsorgen und Entscheiden", "körperliche, psychische, soziale und existenzielle Nöte" sowie das "Abschiednehmen vom Leben".
Erfunden hat den Kurs Dr. Gerd Bollig aus Schleswig, der sein Konzept nun weitergibt. Die Letzte-Hilfe-Kurs-Trainer des Landshuter Hospizvereins wurden von Bollig geschult und orientieren sich sehr stark an ihm - damit Sterben allgemein und vor allem auch Sterben zu Hause seine Tabuisierung verliert.
"Wir haben immer mehr verlernt, beim Sterben dabei zu sein. Darum weiß auch keiner, wie es abläuft", sagt Johannes Elas vom Hospizverein. Keiner wisse mehr, wie er reagieren soll, wenn nahestehende Menschen den letzten Weg antreten.
Seit gut einem Jahr hat der Hospizverein bereits zehn Kurse angeboten - mit wachsendem Erfolg. Teilnehmer sind meist Menschen, deren Eltern bald sterben könnten; jedoch nehmen auch Menschen teil, die bereits jemanden verloren haben und so das Erlebte aufarbeiten wollen. Das hat zumindest Werner Ehlen beobachtet. Er gehört neben Elas und Herzing zum Leiter-Team der Kurse. Die Altersspanne bei den Kursteilnehmern ist groß: Zwischen 25 und 85 bewegt sich das Feld.
Viele, die im Thema Tod immer noch ein Tabu sehen, sind erstaunt, dass beim Kurs auch gelacht werden darf. "Anfangs gibt es zwar Hemmungen, aber man muss nicht nur eine Betroffenheitsmiene aufsetzen", sagt Herzing. Geht es jemandem doch schlecht während der Schulung, ist immer ein zweiter Kursleiter vor Ort, der sich dann professionell um den Teilnehmer kümmern kann.
Der Kurs will - so paradox es auch klingen mag - lebensnah bleiben, sich einfach damit beschäftigen, was am Ende eines Lebens zu tun ist. Es geht um Mundhygiene bei unheilbar kranken Patienten, um Essen und Trinken am Lebensende, um Unterschiede zwischen Palliativ- und Hospizstation, aber auch um Bestattungsformen.
"Viele wissen gar nicht, dass man jemanden, der im Krankenhaus gestorben ist, auch wieder mit nach Hause nehmen kann - um ihn daheim noch kurz aufzubahren", sagt Ehlen. Auch sei man nicht an ein Bestattungsunternehmen gebunden.
Sich möglichst frühzeitig informieren entlastet im Ernstfall
Dabei betonen die drei Kursleiter eins: Wenn jemand bereits kurz vor dem Tod steht, ist es zu spät, sich zu informieren. Das Wissen über das Ende eines Lebens sei verlorengegangen, weil Generationen nicht mehr unter einem Dach wohnten, die Kinder teils weit verstreut in der Welt lebten.
"Da bekommt keiner mehr mit, wie es ist, wenn jemand für immer geht. Dass dann die Nachbarn kommen, sich jeder verabschieden kann. Und dass das auch gut so ist", sagt Herzing. Früher sei das alles ganz normal gewesen - heute jedoch nicht mehr. "Wir wollen die Angst nehmen. Das ist uns sehr wichtig."
Laut Umfragen wollen 80 Prozent der Deutschen zu Hause sterben, doch die wenigsten wollen, dass bei ihnen zu Hause jemand stirbt. Und wie sehen die Kursleiter den letzten Weg? "Ich persönlich habe keine Angst vorm Tod, nur vor den Umständen", sagt Herzing. Schließlich wisse keiner, wie in ein paar Jahren die Pflegesituation wohl sei. Elas sieht es so: "Ich habe keine Angst vorm Sterben. Weil ich weiß, dass wohl Leute dabei sein werden, die sich um mich kümmern."
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