Falscher Freund zockt 61-Jährigem 226.610 Euro ab
Landshut - Das Gassi gehen hat er sich teuer bezahlen lassen. Immer wenn Stefan S. mit dem Schäferhund seines Nachbarn Karl H. loszog, hatte er auch dessen EC-Karte bei sich.
Der ehemalige Berufsschullehrer, der seit 30 Jahren mit der Diagnose Multiple Sklerose leben muss, hatte ihm diese nebst Haustürschlüssel ausgehändigt, denn Stefan S. hatte ihm auch angeboten, Einkäufe für ihn zu übernehmen. Was Karl H. nicht wusste: Zwischen Februar 2016 und November 2017 hob Stefan S. immer hohe Geldbeträge ab oder veranlasste Umbuchungen auf sein Konto. Als Karl H. das merkte, waren 226 610 Euro weg.
Das Amtsgericht hat den 29-jährigen Stefan S. gestern unter anderem wegen Computerbetrugs in einem besonders schweren Fall in 133 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten verurteilt. Das Gericht war damit lediglich einen Monat unter der von der Staatsanwaltschaft geforderten Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren geblieben. Die Verteidigung hatte eine Freiheitsstrafe von drei Jahren beantragt.
Einig waren sich die Verfahrensbeteiligten, was die Unterbringung von Stefan S. in einer Entziehungsanstalt betrifft, die dann auch angeordnet wurde.
Die psychiatrische Sachverständige hatte für Stefan S. die Diagnose einer multiplen Substanzabhängigkeit gestellt. Die Drogensucht bilde den Hintergrund für die Tat, hatte die Verteidigung nach Verlesen der Anklage erklärt und für Stefan S. den angeklagten Sachverhalt umfänglich eingeräumt. "Ich hoffe, dass sich in meinem Leben was ändert. Ich mache mir schwere Vorwürfe", sagte der 29-Jährige, der zuletzt in einer Obdachlosenunterkunft gelebt hatte, in seinem letzten Wort.
"Das war meine Altersvorsorge"
Bereits zu Prozessbeginn hatte er sich bei Karl H. entschuldigen wollen, "dass Du jetzt keine Existenz mehr hast". Doch der 61-Jährige, der seit fünf Jahren auf einen Rollator angewiesen und sichtlich von seiner Krankheit gezeichnet ist, lehnte eine solche ab. "Schleimst Dich jetzt vor Gericht ein, wie Du´s bei mir gemacht hast."
Tatsächlich hat Stefan S. den ehemaligen Berufsschullehrer um sein ganzes Geld gebracht. Auch wenn die 226.610 Euro der Einziehung von Wertersatz unterliegen: Richter Stefan Lederhofer machte dem Mann wenig Hoffnung, auch nur einen Teil des Geldes jemals wiederzusehen.
"Das war meine Altersvorsorge", sagte Karl H. Nun ist fraglich, ob der Dingolfinger in dem barrierefreien Haus, dessen Kredit er noch abbezahlt, wohnen bleiben kann. Am schlimmsten sei für ihn jedoch der Vertrauensbruch. Er hätte nie gedacht, auf einen "falschen Freund" hereinzufallen.
Er behielt den Wohnungsschlüssel
Zunächst hatte Stefan S. laut Anklage kleinere Beträge abgehoben. Doch bald schon ging der 29-Jährige an das für Hs Konto eingerichtete Tageslimit von 2000 Euro. Als es zu einem Zerwürfnis kam, weigerte sich S., den Schlüssel zurückzugeben. Fortan holte er heimlich in der Nacht die EC-Karte, hob Geld ab und brachte sie wieder zurück.
S. habe bei seiner Festnahme "überrascht und erleichtert zugleich" gewirkt, sagte ein Polizeibeamter vor Gericht. Er habe sofort ein Geständnis abgelegt, so der Zeuge;
Seine Sucht, sagte Richter Lederhofer mit Verweis auf das Gutachten der Sachverständigen, sei nicht in einem Umfang gewesen, dass sie zu einer eingeschränkten oder gar aufgehobenen Schuldfähigkeit geführt hätte. Er solle die Unterbringung nutzen, sagte der Richter abschließend zu Stefan S.: "Das ist Ihre letzte Chance." Das Urteil ist rechtskräftig.
- Themen: