Expedition ins Bier-Reich auf der Craftbeermesse in Landshut

Hopfengetopft, obergärig und in Rum-Fässern gelagert. Die AZ auf der Craftbeermesse in der Sparkassen-Arena.
von  AZ
Schwester Doris Engelhard (69) auf der Craftbeermesse – sie weiß, wie man gutes Bier braut.
Schwester Doris Engelhard (69) auf der Craftbeermesse – sie weiß, wie man gutes Bier braut. © Carmen Merckenschlager

Ein buntes Völkchen schiebt sich durch die Halle der Sparkassen-Arena: Herren mit Trachtenhut, volltätowierte Mittvierziger und Eltern mit Kinderwagen. Das Publikum auf der Craftbeermesse am Freitag und Samstag ist sehr gemischt. Die Stände haben Namen wie Heiland, Yankee & Kraut und Munich Brew. Nichts erinnert hier an "normales" Bier, wie man es sich vielleicht zum Feierabend gönnt. Die AZ hat sich mit einem der Aussteller getroffen und sich das Geheimnis der Craftbeers erklären lassen.

Braumeister Michael Chance Graves emigrierte vor einigen Jahren aus den USA nach Baden-Württemberg. Er spricht fließend deutsch mit leicht schwäbischem Einschlag, rollt das "R" aber sehr amerikanisch. Zum ersten Mal stellt er seine Biere unter der Marke "Crossroads" auf einer Messe aus. Die Abfüllung seiner ersten Charge fand am 2. Januar statt. Bier braut er aber schon viel länger.

AZ: Herr Graves, Sie haben in Deutschland ihren Braumeister gemacht. Hatten Sie davor schon Erfahrung in dem Bereich?
MICHEAL CHANCE GRAVES: Ich braue seit vielen Jahren mein eigenes Bier. In den USA habe ich zu Hause viel experimentiert und mir eine Ausrüstung zum Brauen gekauft.

Hatten Sie geplant, in Deutschland, dem Land des Bieres, Ihren Braumeister zu machen?
Nicht unbedingt. Ich lernte allerdings in den USA meine jetzige Frau kennen. Sie kommt aus Deutschland und hatte damals ein Sport-Stipendium an meiner Uni. Als sie in Deutschland ein Jobangebot bekam, ging sie zurück. Ich begleitete sie unter der Bedingung, dass ich einen Ausbildungsplatz als Brauer finde. Ich schrieb unzählige Bewerbungen, niemand traute einem Ami zu, dass er gutes Bier herstellen könnte. Nach der Ausbildung bei der Brauerei Bauhöfer (Renchen) machte ich den Braumeister, bin jetzt selbstständig. Ich habe meinen Traum verwirklicht.

Craftbeer ist nicht vergleichbar mit einem Weißbier oder Hellen. Darf Craftbeer alles? Und wie schaut’s mit dem Reheitsgebot aus?
ch halte das so: Ich kann kein Bier verurteilen, dass ich nicht vorher gekostet habe. Egal ob es nach Himbeere, Rauch oder Rohöl schmeckt. Ich selber setze aber meinem Bier nichts zu, halte mich ans Reinheitsgebot. Ich finde es aber spannend, welche Geschmacksnoten man nur durch Auswahl der Grundzutaten herstellen kann.

Kann jeder anfangen, ein Craftbeer zu brauen?
atürlich. Man darf nur keine Angst haben, sich kreativ auszuleben und muss Neues wagen. Nicht zu vergessen ist die Leidenschaft, die man mitbringen muss. Das merkt man auf der Messe ganz gut. Hier macht fast keiner Craftbeer, um damit reich zu werden. Jeden treibt nur die Idee an, der beste Brauer mit den ausgefallensten Bieren zu werden.

Welches Bier trinken Sie denn selber am liebsten? Kommt Ihnen auch mal ein, sagen wir, Becks auf den Tisch?
azu kann ich nur sagen, dass es schlechtere Biere gibt als Becks. Aber selbst trinke ich das eher weniger. Was ich sehr gerne mag, ist ein langjährig gelagertes Imperial Stout. Am Nachbarstand gibt es ein ganz leckeres. Sollen wir das mal probieren?

Nachdem das hauseigene Bier ausgetrunken ist, geht’s also zum Nachbarstand. Hier wird Bier ausgeschenkt, das so schwarz ist wie die Nacht finster: rauchig, schwer und leicht süß. Graves plaudert ausgelassen mit dem Kollegen. Nachdem auch dieses Glas geleert wurde, zeigt er uns noch eine weitere Besonderheit der Messe. Die letzte brauende Nonne Deutschlands. Schwester Doris Engelhard steht in Kutte hinter der Zapfanlage und schenkt Bier aus.

Sie ist 69 Jahre alt, denkt aber nicht ans Aufhören. „Im Kloster wird entweder gearbeitet oder gestorben“, verrät sie mit einem Schmunzeln. Wirklich nüchtern verlässt die Craftbeermesse wohl niemand, aber das ist ja auch nicht weiter schlimm. Der Tenor der Besucher: Hauptsache, man kann was Neues ausprobieren. Und wenn man viel Wasser dazu trinkt, geht das auch eine Weile. Bloß komisch, dass so gut wie niemand mit einem Wasserglas unterwegs ist.

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