Eine neue Familie - und Geborgenheit auf Zeit

Das Jugendamt in Landshut sucht Pflegeeltern für Kinder und Jugendliche.
Rita Neumaier |
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Daniela Kiebert (links) und Manuela Hammerl vom Pflegekinderdienst sind Ansprechpartner für Pflegeeltern.
Stadt Landshut Daniela Kiebert (links) und Manuela Hammerl vom Pflegekinderdienst sind Ansprechpartner für Pflegeeltern.

Landshut - Manche Eltern scheitern daran, ihren Kindern solide Wurzeln und ein sicheres Zuhause zu geben, weil sie selbst mit ihrem Dasein überfordert sind. Deshalb sind in Landshut 45 Kinder und Jugendliche in 35 Pflegefamilien untergebracht.

Das Stadtjugendamt ist ständig auf der Suche nach Familien, die bereit sind, ein fremdes Kind bei sich aufzunehmen. "Manchmal geht es dabei auch nur um Geborgenheit auf Zeit", sagt Daniela Kiebert vom Pflegekinderdienst.

Wenn die leiblichen Eltern ihre Kinder zurückhaben wollen, müssen Pflegeeltern sie wieder loslassen. Manche Kinder und Jugendliche kommen nur vorübergehend in eine Pflegefamilie, weil die Eltern mit ihren Belastungen im Alltag nicht mehr fertig werden. Eheprobleme, Arbeitslosigkeit, Krankheit, Suchtprobleme und Gewalt in der Familie können Gründe sein, warum das Jugendamt sich entschließt, eine Pflegefamilie für Kinder zu suchen.

"Wir bekommen die Anfragen vom allgemeinen Sozialdienst", erklärt Kiebert. Auch andere Jugendämter würden öfter mal in Landshut anfragen, ob noch ein Platz frei sei. Seit etwa drei Jahren sei die Zahl der Pflegeplätze jedoch zurückgegangen.

Die Suche nach einem Pflegeplatz schließt sich oft erst an eine ganze Reihe anderer Unterstützungsmöglichkeiten an – bis zur Unterbringung im Mutter-Kind-Heim unter sozialpädagogischer Betreuung. Erst wenn auch das nicht funktioniert, wird nach einer Ersatzfamilie gesucht.

Die leiblichen Eltern behalten das Sorgerecht bei einem Pflegekind

Bei einem Pflegekind bleibt das Sorgerecht bei den leiblichen Eltern. Nur wenn diese einer Adoption zustimmen, kann das Sorgerecht auf die Pflegeeltern übergehen. In besonders schweren Fällen von Vernachlässigung oder Missbrauch kann das Familiengericht den Eltern das Sorgerecht auch entziehen. In jedem Fall bringen die Kinder aber "einen ganzen Rucksack mit eigenen Baustellen mit", wie Daniela Kiebert sagt.

In der Regel werden Kinder bis zu sieben Jahren an Pflegefamilien vermittelt, das "fängt schon bei Neugeborenen an", sagt Manuela Hammerl. Immer wieder erleben es die Mitarbeiterinnen des Pflegekinderdiensts, dass die leiblichen Eltern überzeugt sind von der besseren Erziehungsarbeit der Pflegeeltern – und einer Adoption zustimmen. Pflegeeltern können auch gerichtlich einen weiteren Umgang mit dem Kind anstreben, "wenn das Thema Rückführung zu den leiblichen Eltern ansteht und dadurch ein Schaden für das Kind befürchtet wird", erklärt Daniela Kiebert.

In den fast vier Jahren, seit sie beim Pflegekinddienst beschäftigt ist, habe es jedoch keine einzige solche Rückführung gegeben. Der Kontakt zu den leiblichen Eltern kann auch weiterhin bestehen. Zum Wohle des Kindes soll wenigstens einmal im Monat ein Kontakt zur leiblichen Familie des Pflegekindes ermöglicht werden. Die Kinder kämen mit diesem Zwiespalt gut zurecht: "Die sagen einfach, ich habe zwei Mamas und zwei Papas."

"Wenn beide Familien gut miteinander klarkommen, ist das für alle ein Gewinn", ergänzt Hammerl. Wer für ein Pflegekind in Frage kommt, entscheidet das Jugendamt nach sorgfältiger Überprüfung. Pflegeeltern müssen Zeit, Geduld, Belastbarkeit, Offenheit, Toleranz und Erfahrung in der Erziehung mitbringen, ihr Alter ist dagegen nicht entscheidend. Das Jugendamt begleitet das Kind auch in der Pflegefamilie. Eine Familie darf bis zu vier Pflegekinder aufnehmen, ab dem Fünften würde man bereits als Pflegeheim gelten. Mit Seminaren werden die künftigen Pflegeeltern auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet.

Auch wirtschaftlich muss die Pflegefamilie auf festen Beinen stehen. Zwar wird der Lebensunterhalt des Kindes vom Jugendamt gedeckt, eine goldene Nase verdienen kann sich eine Pflegefamilie damit aber nicht. "Das Engagement fürs Kind geht übers Herz und nicht übers Konto", macht Kiebert deutlich. Manuela Hammerl, selbst dreifache Mutter, hört oft von Ängsten, angesichts der Tatsache, dass man sich von Pflegekindern auch wieder lösen muss. "Ich sage ihnen dann oft, dass einem ja auch die eigenen Kinder nicht gehören und man sie einmal loslassen muss."


Wer Interesse daran hat, einem Kind oder Jugendlichen ein Zuhause zu geben, der bekommt beim Pflegekinderdienst des Stadtjugendamtes weitere Informationen: Daniela Kiebert unter Telefon 882341, Manuela Hammerl unter Telefon 882344. Eine Gelegenheit, sich zu informieren, gibt es am Samstag, 16. Juni, beim Familienfest von 11 bis 17.30 Uhr auf dem Gelände der Alten Kaserne, Liesl-Karlstadt-Weg 4. Dort ist der Pflegekinderdienst mit einem Infostand vertreten.

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