Ein Liebesbrief aus Landshut an Schio

Die Italienische Woche in Landshut geht zu Ende, mit einer romantischen Geschichte ohne Happy-End.
von  Ingmar Schweder
Andrea Hofmann lebt heute in Hof. Sie erinnert sich gerne an Landshut und die Zeit in Schio zurück.
Andrea Hofmann lebt heute in Hof. Sie erinnert sich gerne an Landshut und die Zeit in Schio zurück. © Andrea Hofmann

Landshut - Als Andrea Hofmann mit ihrer Handballmannschaft auf der Tribüne der ETSV09-Sporthalle sitzt, sind die Wettkämpfe längst zur Nebensache geworden. Dem Spielverlauf folgt kaum jemand mehr. Dafür fliegen die Blicke zwischen der Damenmannschaft und den Handballern aus Schio hin und her. Die damals 15-Jährige und ihre Freundinnen tuscheln und flirten. Zur der Mannschaft aus Schio gehört auch Luca, auf den Andrea ein Auge geworfen hat. Doch das Knistern zwischen den beiden wird während der Zeit des Schüleraustauschs durch die Sprachbarriere ausgebremst. "Die Italiener haben damals kaum Englisch gesprochen. Wir hatten am Hans-Carossa-Gymnasium Englisch und Latein und konnten nur ganz wenig Italienisch sprechen", erinnert sich Hofmann.

Luca (r.) und ein Freund.
Luca (r.) und ein Freund. © Andrea Hofmann

Doch plötzlich geht Luca zu ihr herüber und überreicht ihr etwas verschüchtert einen 1.000-Lire-Schein. Darauf notiert: seine Adresse in Schio. "Er würde sich freuen, wenn ich ihm Schreiben würde", hat er gesagt. Und das hat Andrea Hofmann dann auch getan. Als der Schüleraustausch endet, schreibt sie ihm das erste Mal. "Ich habe Luca in Englisch geschrieben und prompt einen Brief zurückbekommen. Nur war der Brief wiederum leider in Italienisch, was ich nicht lesen konnte."

Eisdielenbesitzer sollte Brief übersetzen

Die junge Landshuterin wird erfindungsreich: "Ich habe überlegt, wer in Landshut Italienisch sprechen könnte. Und das waren in den 70ern nun mal die Eisverkäufer." Sie steckt den Brief ein, kauft sich beim Eiscafé Panciera eine Kugel Eis und hält den Brief dem Chef der Eisdiele unter die Nase. "Ich habe ihn gefragt, ob er für mich übersetzen kann. Das hat er dann auch gemacht."

Ein Brief von Luca aus Schio.
Ein Brief von Luca aus Schio. © Andrea Hofmann

Doch in dem Brief von Luca steht, dass er ihre Zeilen leider nicht lesen konnte. Da der Chef der Eisdiele an dem Tag wenig Zeit hat und die Kunden Schlange stehen, gibt er Andrea Hofmann einen Tipp: "Ich sollte zum deutsch-italienischen Kulturverein in die Neustadt gehen." Und dort helfen sie der jungen Landshuter sofort. "Sie haben meinen Brief übersetzt, und so ging das alles erst richtig los." Zwei Jahre schreiben sich Andrea und Luca hin und her. "Ich hatte immer Schmetterlinge im Bauch, wenn ich Post bekam", erinnert sie sich. Kommt ein Brief in Landshut an oder will sie einen nach Schio schicken, geht sie stets zum Kulturverein oder zur Eisdiele und lässt die Zeilen übersetzen. "Das ging so lange, bis mein Schüleraustausch in Schio anstand." Andrea Hofmann ist da schon in der 11. Klasse und besucht neun Tage ihre Gastfamilie in Schio.

"Irgendwann ist das dann zwischen uns eingeschlafen"

Wie verabredet holt Luca sie mit seiner blauen Ente, die er vor dem Haus parkt, für einen gemeinsamen Abend ab. Doch so richtig knistern will es beim Wiedersehen nach zwei Jahren nicht. "Die Kommunikationsschwierigkeiten waren immer noch da. Ich hatte zwar bereits das große Latinum und konnte ihn halbwegs gut verstehen, aber ich konnte mich nicht richtig artikulieren. Da haben wir uns etwas durch den Abend gequält."

Mit seiner blauen Ente holt Luca Andrea beim Wiedersehen ab.
Mit seiner blauen Ente holt Luca Andrea beim Wiedersehen ab. © Andrea Hofmann

Nach dem Sommer in Schio werden die Briefe immer weniger. "Irgendwann ist das dann zwischen uns eingeschlafen", sagt Hofmann. Die Erinnerungen an diese dann doch schönen zwei Jahre aus ihrer Jugend kamen ihr beim Stichwort "Italienische Woche zum 40. Jubiläum der Städtepartnerschaft mit Schio" dennoch sofort wieder in den Sinn.

Wie schön sie diese Zeit fand, zeigt sich daran, dass sie auf dem Speicher tatsächlich noch den Lire-Schein und ein paar alte Briefe von Luca finden konnte. Heute ist Andrea Hofmann glücklich verheiratet und hat drei Töchter. "Ich denke, der Luca hat sicher auch eine tolle Frau gefunden und viele Kinder."

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