Ein 18-jähriger Modellbau-Azubi siegt beim internationalen Drechselwettbewerb

Landshut - Er ist jung und ein Ausnahmetalent an der Drechselbank: Sebastian Seidler aus Oberaichbach hat mit seiner Wettbewerbsarbeit beim 8. Internationalen Drechselwettbewerb in der Klasse "Lehrlinge und Amateurdrechsler bis 24 Jahre" den ersten Platz belegt. Der Wettbewerb, der von der Drechselinnung Baden-Württemberg veranstaltet wird, fand in Oberwolfach im Schwarzwald statt. Sein Werkstück: Die Charakterköpfe im Profil aus Ahornholz von dem Humoristen Karl Valentin und seiner Bühnenpartnerin Liesl Karlstadt.
Der junge Ausnahmekünstler hatte bei seinem ersten internationalen Wettbewerb Glück und konnte "eine sehr interessante und lehrreiche Erfahrung" mitnehmen, wie Sebastian Seidler selbst von seinem Wochenende im Schwarzwald erzählte. Die Teilnahme am internationalen Wettbewerb und der Kontakt zu vielen anderen Hobbydrechslern haben ihm ut getan. "Die kritischen Augen der Jury betrachteten und bewerteten meine Arbeit sehr präzise", berichtet er und zeigt stolz sein Kunstwerk.
Gefragt waren bei dem Wettbewerb vor allem Originalität. Und handwerkliche Qualität. Die Jury bestätigte das dem erst 18-jährigen.
"Damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ist schwer"
Jury-Vorstandsmitglied Markus Günther, Landesinnungsmeister der Drechslerinnung Baden-Württemberg sagte nach dem Wettbewerb zu Claudia Ramsteiner von den Europadrechslern, Sebastian habe innovativ und originell und handwerklich sehr gut gearbeitet.
Das Thema des 8. Internationalen Drechslerwettbewerbs lautete: "Deux pièces, two parts, zwei Teile." Gewonnen hat Sebastian gleich zweifach, Ruhm und Ehre und ein Werkzeug des Drehbankproduzenten Killinger.
Sebastian drechselt seit seinem neunten Lebensjahr
Sebastian drechselt seit seinem neunten Lebensjahr, sein Vater ist Schreinermeister und hat ihn schon als Bub mit auf die Holzfachmessen genommen. Die Arbeiten der dort ausstellenden Drechsler gefielen dem Jungen. "Das wollte ich auch können", erinnert er sich.
Dann bekommt er seine erste Mini-Maschine und belegt mit elf Jahren den ersten Anfängerkurs im Drechseln. Mit zwölf erhält er eine große Drehbank und spart fortan ständig sein Taschengeld für Zubehör. Jede freie Minute verbringt er in der Werkstatt seines Vaters.
"Dahinter steckt eine ganz neue Fertigungsidee"
Drechseln als Beruf? "Damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ist schwer", weiß der junge Mann und entscheidet sich für einen verwandten Beruf: Modellbauer.
Beim Autobauer BMW in Landshut ist er im zweiten Ausbildungsjahr. "Der Sebastian ist ein Ausnahmetalent und hinter seiner preisgekrönten Arbeit steckt eine ganz neue Fertigungsidee", erklärt sein Ausbilder, Martin Lobenz aus Ergoldsbach, der selbst Kunstdrechsler ist.
Denn das Kunstwerk mit den beiden Profilköpfen von Karl Valentin und Liesl Karlstadt ist von vorne betrachtet, zweidimensional. Die Rückseite allerdings zeigt für Drechselarbeiten typische dreidimensionale Rundungen.
"Schon seit Langem wollte ich einmal ausprobieren, ob sich das Profil eines Menschen als Drechselobjekt herstellen lässt", erzählt Sebastian und zeigt die Blechschablone eines Kopfes. "Mit einer einfachen Person mit Hut habe ich es ausprobiert. Als dieser Versuch gelungen ist, kam mir die Idee, zum 70. Todestag von Karl Valentin sein charakteristisches Gesicht zu drechseln." Sebastian fertigte anhand von Originalfotos eine Profilzeichnung der beiden Humoristen und nach dieser Zeichnung je eine Blechschablone.
Die Schablone leimte er zwischen das Holz, spannte es in die Drechselbank und tastete sich mit Röhre und Meißel vorsichtig bis zum Blechprofil vor. Anschließend wurde der gedrehte Rohling aufgespalten und so zusammengefügt, dass das Porträt der beiden von vorn zu sehen ist. Pro Arbeit entstehen so gleich mehrere der Kunstfiguren. Als Holz wählte der Künstler Ahorn. Das heimische Holz in weißer Farbe ohne große Eigenmaserung soll an die Szenen von Karl Valentin und Liesl Karlstadt in schwarz-weiß erinnern.
Im April 2019 wird der nächste Drechselwettbewerb abgehalten, das Thema "Durchblick" steht schon fest. Natürlich werde er wieder mitmachen, sagt Sebastian: "Meine Idee wäre eine durchbrochen gedrechselte Schale, erste Skizzen habe ich schon gemacht", sagt er. Vielleicht entsteht das nächste Kunstwerk ja schon mit Hilfe der beim Wettbewerb gewonnenen Werkzeuge.
<strong>Lesen Sie hier auch andere Geschichten aus Landshut</strong>