"Die Lage ist richtig mies"

Corona schenkt der Gastronomie ordentlich ein. Wie die Wirte jetzt reagieren - und wie sauer sie sind
von  Claudia Hagn, Carmen Merckenschlager
Daniel Dragani (39) eröffnete Anfang Oktober ein kleines Bistro. "Die ersten vier Wochen waren gut", sagt er. Nun ist aber wieder alles geschlossen und bei dem Wirt dominiert plötzlich nur noch Machtlosigkeit.
Daniel Dragani (39) eröffnete Anfang Oktober ein kleines Bistro. "Die ersten vier Wochen waren gut", sagt er. Nun ist aber wieder alles geschlossen und bei dem Wirt dominiert plötzlich nur noch Machtlosigkeit. © Christine Vinçon

Zehn Tage lang hatte Francesco Paolo Lombino sein neues Bistro direkt an der Domfreiheit geöffnet. Kombiniert mit einem Feinkostgeschäft wollte er dort nach dem großen Lockdown und dem Sommergeschäft mit dem neuen Konzept "Tagesbar" beginnen. Doch irgendwo ahnte er bereits, dass mit dem Ganzen bald Schluss sein könnte. Denn seit Montag sitzen an seinen neuen Stühlen und Tischen keine Besucher mehr - und sie kommen auch nicht in Scharen, um einzukaufen. "Die Stadt ist leer", sagt Lombino. Wie er die Lage sieht? "Richtig mies", sagt er.


Viel zu wenige seien unterwegs, der Lockdown trifft ihn, auch wenn er mit einer Mitnahmekarte etwas die Lage zu kompensieren versucht. "Vier Wochen halten wir schon noch durch", meint er. Gehe das Ganze länger - und das befürchtet der Gastronom - werde es vor allem für größere Läden mit mehreren Beschäftigten bitter. "Familienbetriebe können eventuell noch überleben. Aber sobald man viele Angestellte hat, wird es schwierig", sagt er. Denn die Kosten liefen weiter, auch die Mieten müssten für große Läden gezahlt werden. "Und dann wird es eng." Auch Lombino muss seine Miete normal weiterzahlen.

Dragani: "Ich fühle mich einfach machtlos"

Angesprochen auf die mögliche Förderung durch die Regierung lacht Lombino nur. Eigentlich sollen Gastronomen mit unter 50 Beschäftigten eine Förderung erhalten, die 75 Prozent des Umsatzes aus dem November 2019 entspricht. Die Anträge dazu hat er jedoch noch nicht gefunden.

Wie es nun weitergeht ? Er hoffe natürlich auf die schnelle Öffnung der Gastronomie, bezweifelt aber, dass sich die Situation groß ändern wird. "Vielleicht beginnt man wieder langsam. Sonst sind wir schnell wieder da, wo wir jetzt sind." Und sein Lebensmotto? "Gesund bleiben und immer weiterschauen!"


Ebenfalls neu eröffnet hat "Daniel's Bistro" in der Apothekergasse. Am 5. Oktober sperrte Wirt Daniel Dragani (39) das erste Mal seinen neuen Laden auf. Normalerweise hätten rund 40 Personen Platz in dem Gewölberaum. Durch die Abstandsregeln durfte Dragani nur noch 25 bewirten. "Die ersten vier Wochen waren wirklich gut", so der Inhaber. Seit vergangenen Samstag ist auch damit Schluss. "Ich fühle mich einfach machtlos", sagt Dragani. Seit 22 Jahren ist er schon in der Gastronomie tätig. So ein Gefühl hat er bis jetzt noch nicht erlebt. Er versucht nun, sich wenigstens mit einem To-Go-Angebot irgendwie über Wasser zu halten. "Aber bis jetzt läuft das leider nur mäßig", sagt der Wirt. Er hofft stark auf staatliche Hilfen, aber zuversichtlich ist er momentan nicht. Dragani: "Wenn es nach November nicht einigermaßen normal weiter geht, sehe ich schwarz." Warum er seinen Laden überhaupt in Coronazeiten eröffnet hat? "Ich habe Anfang des Jahres den Kredit für die Renovierung aufgenommen und direkt mit dem Umbau begonnen, das war noch vor Corona." Die Eröffnung für sein Bistro hatte er für November geplant. Jetzt ist er einfach nur froh, dass er wenigstens die vergangenen vier Wochen geöffnet haben konnte. Trotzdem: "Die Lage ist schon wirklich besch...eiden", sagt Dragani.


So gut es geht, alles mit Humor zu nehmen, versucht derzeit Nicole Graumann (40). Sie betreibt die "Almlounge". Früher war der Laden ein Tanzlokal. Weil sie wegen Corona keine Perspektive mehr sah, baute sie die Räumlichkeiten zu einem Restaurant um. "Wir haben richtig viel Arbeit und Geld investiert. Dafür hatten wir auch drei schöne Wochen", sagt die Wirtin süffisant. Dann merkt sie an: "Gut geht es uns aber nicht ! Das Schlimmste ist, dass wir nicht wissen, wie es weiter geht."

Wegen der psychischen und finanziellen Belastung schlafe sie manchmal schlecht. Auch die Frage, ob sie staatliche Hilfen bekommt, treibt sie um. Doch selbst wenn sie eine Förderung von 75 Prozent des Vorjahresumsatzes bekommen würden - wie die anderen beiden Läden existiert auch Graumanns Geschäft erst seit wenigen Wochen - sei das eigentlich zu wenig, sagt Graumann. Denn: "Wir in der Gastro leben genau genommen vom Trinkgeld. Ansonsten gehört die Gastronomie immer noch zu den schlechtbezahltesten Berufen überhaupt. 75 Prozent oder weniger sind da schon wirklich nicht viel."

Für Graumann außerdem bitter: Ihre Tochter kündigte den Job, um im neuen Lokal ihrer Mutter zu kochen. Von der Politik wünscht sich Graumann derweil weniger "blinden Aktionismus". Selbst fragt sie sich, wie lange sie noch weitermachen kann. Noch weiß sie es nicht, derweil bleibt sie also beim Humor, "sonst würde ich in eine Depression fallen".

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