Der Landshuter Gastronom Stefan Memmer im AZ-Interview
Wenn Stefan Memmer in seiner geliebten Altstadt unterwegs ist, dann trifft er auf viele Menschen, die ihn kennen. Seine letzte Tätigkeit? Restaurant-Leiter im Restaurant Rauchensteiner auf der Mühleninsel. Doch im ehemaligen Sägewerk des 19. Jahrhunderts arbeitet er nun nicht mehr. In Rente freilich geht er nicht. Im Gegenteil. Er gibt ab der kommenden Woche das Seminar "Eine Weinreise durch Europa mit Stefan Memmer" an der Volkshochschule Landshut. Wenn der Kurs erfolgreich läuft und rege nachgefragt werden sollte, wird dieser im Herbst wiederholt.
AZ: Herr Memmer, Sie trennten sich aktuell vom Rauchensteiner und arbeiten dort nicht mehr als Restaurantleiter – wie geht es jetzt für Sie jetzt weiter?
STEFAN MEMMER: Ich suche beruflich auf jeden Fall noch einmal eine neue Herausforderung. Das kann sowohl in der Gastronomie als auch in der Weinbranche sein. Ich will etwas bewegen. Momentan bin ich in Verhandlungen. Und es sieht so aus, als ob ich der Landshuter Gastronomie erhalten bleibe. Außerdem gebe ich ja meine Weinseminare an der Volkshochschule Landshut.
Sie sind einer der bekanntesten Gastronomen in Landshut – wollten Sie das eigentlich schon immer werden?
Ich stamme eigentlich aus Gottfrieding im Landkreis Dingolfing-Landau. Ich hatte drei Tanten, die in der Gastronomie tätig waren und mein Vater dachte, dass die alle gutes Geld verdienen und das auch ein Berufsfeld für mich wäre. Er entschied das dann für mich. Als 15-Jähriger hatte man ja keine Ahnung, was einen erwartet. Es gab kein Praktikum und keinen Probetag vorher.
Wo genau machten Sie Ihre Ausbildung?
In einem Hotel, in Pfettrach bei Landshut, und das sechs Tage die Woche. Damals gab es nur einen Tag frei. Für mich war das ein Vorteil, weil mir später das Arbeiten nie zu viel wurde. Das richtige Lernen ging im Königshof in München los.
Eine feine Adresse...
...der Königshof war schon damals eine gute Adresse in München. Mehr als bürgerlich. Man hatte damals halt nicht diese gehobene Küche wie heute und dieses Weinwissen. Ein Züricher Geschnetzeltes und ein Filetgulasch waren damals schon Top-Essen.
Wie waren die ersten Jahre in dem Luxus-Hotel?
Ich habe die erste Zeit nur zugeschaut, wie die anderen arbeiten, habe mir nichts zu sagen getraut, weil ich nichts konnte – im Gegenzug zu denen, die schon dort waren und die alle andere Hintergründe hatten, weil sie von anderen Ausbildungsbetrieben kamen.
War es ein hartes Jahr?
Oh ja. Dann hat mich der Chef gefördert, ab da ging es von selber und ich konnte mich weiterentwickeln. Er war auch derjenige, der mir sagte, dass sich die Gastronomie in eine andere Richtung dreht. Dann kam Käfer und die moderne Welle und das Tantris. Und dann schlug ich auch einen neuen Weg mit ein.
Und es ging für Sie nach Niederbayern zurück...
Ja, nach Niederaichbach im Landkreis Landshut. Helmut Krausler wurde 1977 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, dem ersten, der in Niederbayern vergeben wurde. Sein Restaurant hieß erst Bergcafé, dann Krauslers feine Speisen. Von 1982 bis 1988 war ich für ihn tätig, später wurden wir in Landshut Partner beim Bernlochner. Doch zuvor wechselte ich noch nach Regensburg.
Wie sind Sie zum Bernlochner in Landshut gekommen?
Josef Deimer, damals Oberbürgermeister von Landshut, feierte seinen 50. Geburtstag bei mir im Restaurant in Regensburg. Er erzählte mir, dass der Bernlochner gerade umgebaut wird. Er hatte Bewerber, wollte aber keinem den Bernlochner überlassen. Dann schaute er mich an und meinte: "Montag um zehn Uhr im Büro von Dieter Stetter!" Er war der damalige Hauptamtsleiter der Stadtverwaltung.
Dann ging’s los.
Ich bin sofort nach Landshut umgezogen, hatte sogar schon einen Küchenchef aus Regensburg ausgesucht. Ihm machte die Größe des Lokals mehr und mehr Angst, weil wir den Saal ja auch noch mitbewirtschaften wollten. Er hatte auch schon eine Wohnung gesucht, alles war klar. Doch ich musste mich von ihm trennen, weil er es nervlich nicht gepackt und wahrscheinlich bald darauf gekündigt hätte. Helmut Krausler aus Niederaichbach hörte bei einem Essen mit Freunden, dass ich einen Koch suche und plötzlich war es uns ganz klar, dass wir den Bernlochner gemeinsam betreiben wollen.
Wie waren die ersten Bernlochner-Jahre? Nahmen die Landshuter die gehobene Küche sofort an?
Nein. Wir haben mit dem Bernlochner bei Null angefangen. Wir mussten uns das alles damals hart aufbauen. Es hat lange gedauert und es war eine große Aufgabe. Wir hatten sieben Tage offen, keinen Ruhetag. Trotzdem dauerte es, bis wir einen Betrieb wie den Bernlochner etablierten. Viele Menschen waren damals skeptisch. Josef Deimer aber stand immer hinter uns und erklärte anderen unser Qualitätsbewusstsein.
Gibt es aus Ihren Bernlochner-Zeiten Geschichten, die einfach unvergessen sind?
Ich könnte viel erzählen oder gar meine Memoiren schreiben. Einen Abend, der mir für immer unvergessen ist? Der 50. Geburtstag von Eishockeyspieler Alois Schloder. Er meinte, er kann sich das bei uns nicht leisten. Da sagte ich ihm, dass ich möchte, dass er bei uns feiert und dass ich ein gutes Angebot mache. Zu dieser Zeit leitete er schon das Sportamt Landshut und war ein sehr genauer Mensch. Er hat im Saal ein Seil gespannt, und geschaut, dass alle Tische gleich angeordnet sind. Alois Schloder hat mir mächtig imponiert. Zu seinem Jubiläum kamen alle Landshuter Eishockey-Größen wie Xaver Unsinn und Erich Kühnhackl und auch Hans Rampf. Genauso waren die Skifahrer eingeladen – darunter Christian Neureuther und "Gold"-Rosi Mittermaier. Das war der Wahnsinn. Ich erlebte einen Abend mit den damaligen 150 Topleuten des Sports. Im Restaurant mit Xaver Unsinn fragte ich ihn, was einen guten Kapitän wie Alois Schloder ausmacht. Der antwortete: Eishockey ist ein wilder Haufen. Da brauchen Sie den Charakterstärksten, und das war der Alois.
Was macht für Sie einen guten Service aus?
Dass der Gast, für die Zeit, wo er da ist, ein Zuhause hat. Es muss ein Gastgeber da sein, eine Seele und natürlich eine gute Qualität.
Sie kennen sich sehr gut mit Weinen aus. Woher haben Sie dieses Wissen?
Ich mache das einfach schon lange genug. Learning by doing sozusagen. Das Wissen gebe ich weiter in Seminaren an der Landshuter Volkshochschule.
Welcher Wein schmeckt wirklich jedem? Ihre Empfehlung!
Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Wenn ich einen Gast habe, dann frage ich nach, wie erfahren er bereits ist, was er schon getrunken hat und danach empfehle ich einen Wein. Guter Wein muss übrigens nicht teuer sein, denn diesen erhält man schon ab circa acht Euro die Flasche.
Sie durften in Ihrer Karriere so manches Sterne-Menü essen – was schmeckt Ihnen privat am besten?
Alles. Ich mag die einfachsten Gerichte, nur gut muss es sein. Ich freue mich auch über ein Rindsgulasch oder einen Tafelspitz mit Gemüse und Apfelkren, genauso über weißen Leberkäse. Oder meine Gänseleber, die ich selber mache.
Gehen Sie und Ihre Lebensgefährtin Hannelore denn gerne Essen in Landshut – oder kochen Sie lieber daheim?
Wir gehen essen, wir kochen auch. Wenn wir essen gehen, dann bestimmt nicht mittelmäßig, denn das ist es dann einfach nicht wert.
Wo kaufen Sie die Zutaten fürs heimische Kochen ein?
Der Wochenmarkt ist eine super Einrichtung, wir haben gute Metzger und Bäcker überall in der Stadt. Da dürfen wir uns wirklich nicht beschweren. Fisch bekommt man nicht so leicht in Landshut. Aber das ist besser geworden. Generell merkt man, dass das Gute nicht immer das Billigste ist. Daher essen wir nur zweimal pro Woche Fleisch und dann lieber von hervorragender Qualität.
Das Seminar "Eine Weinreise durch Europa" an der VHS Landshut – nächster Termin ist Montag, 16. April. An insgesamt vier Montagen (23. April, 7./14. Mai) beschäftigt er sich mit den wichtigsten Rebsorten in Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien.
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