CSD in Landshut: Leben im Queer und Jetzt

Landshut - Braucht's des?": Wenn Oberbürgermeister Alexander Putz an die Fragen zu den Regenbogenflaggen vor dem Rathaus und anderen öffentlichen Gebäuden zurückdenkt, die er vergangene Woche anlässlich des Christopher-Street-Days und der Landshuter Woche der Vielfalt beantworten musste, ist sich der Rathauschef sicher: "Ja, des braucht's."
Putz stellt klar: "Landshut ist bunt. Bayern ist bunt. Wir alle stehen zur Vielfalt in unserer Gesellschaft. Über den Umgang miteinander kann man sich als Gesellschaft messen lassen. Dazu liefern wir bereits zum dritten Mal ein gutes Beispiel."
Es geht ihnen um Gleichberechtigung und Gleichbehandlung
Leben. Liebe. Selbstbestimmt: Der Slogan von "up2you", der neuen und ersten staatlich geförderten Beratungsstelle Niederbayerns für queere Menschen, die kürzlich in der Landshuter Grasgasse eröffnet wurde, fasst gut zusammen, worum es der LGBTQIA-Community beim Christopher-Street-Day (CSD) Niederbayern geht: um Gleichberechtigung und Gleichbehandlung.
Claudia Roth war Gastrednerin
Claudia Roth (Grüne), Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, und am Samstagnachmittag Gastrednerin beim CSD Niederbayern, sagte es frei nach Bertolt Brecht: "Ändere die Welt, sie braucht es. An alle, die die Welt weiter so verwalten wollen, denen sei gesagt, dass wir nicht die kleine, schrille Minderheit sind, die Sonderrechte fordert. Wir fordern nicht nur ein bisschen gleiche Rechte. Wir fordern gleiche Rechte."

Coronakonformes Festival im kleinen Rahmen
Der CSD fand in Landshut zum dritten Mal statt - dieses Jahr als eine Art Festival mit Bühne und extra coronakonformem Gastrobereich auf der Ringelstecherwiese. Konnten die Freunde und Anhänger der LGBTQIA-Community - steht für lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, transgender, queere, intersexuelle und asexuelle Menschen - bei der Premiere 2019 noch mit einem gewaltigen Demo-Zug durch die Altstadt ihren Protest- und Gedenktag begehen, findet der CSD Niederbayern coronabedingt seit zwei Jahren in kleinerem, kontrollierterem Rahmen statt.
Der CSD soll wieder in die Innenstadt zurückkehren
Im kommenden Jahr, so hoffen die Veranstalter von "Queer in Niederbayern", soll der CSD in die Innenstadt zurückkehren.
Die Stimmung auf der Ringelstecherwiese war trotz strenger Regeln - kein Alkohol, Masken bei zu wenig Abstand - während der Kundgebung hervorragend und entspannt, wenn auch nicht so ausgelassen wie bei seiner Premiere vor zwei Jahren - verständlich.
Das Programm umfasste auch ein Impfangebot
Das Angebot, das "Queer in Niederbayern" mit Genehmigung der Stadt auf die Beine gestellt hat, konnte sich trotz diverser Coronazwänge sehen lassen. Wer noch nicht geimpft war, konnte sich seine Spritze beim Impfteam der Johanniter abholen, die zum CSD eine Extraschicht eingelegt hatten.
Inklusive Auftritte
Für Stimmung sorgte unter anderem die bairische Mund-Art-Rapperin "Ria" - die "First Lady des Bavarian Rap" - die mit gewaltigen Beats und süffisanten Texten das Festival-Gelände beschallte. Ein toller Service: Für Gehörlose übersetzte eine Gebärdendolmetscherin nicht nur die Reden, sondern auch die Liedtexte.

Die Community konnte viel erreichen
Chris Hess und Herbert Lohmeyer, die Vorsitzenden von "Queer in Niederbayern", hoben die positiven Dinge heraus, die die queere Community in den vergangenen Jahren gemeinsam erreicht hätte: die Ehe für alle, die Abschaffung des Paragrafen 175 StGB (die Bestrafung erwachsener Homosexueller wegen "Unzucht"), die Möglichkeit der Eintragung des Geschlechtsmerkmals "divers" in amtliche Dokumente, die Rehabilitierung Homosexueller beim Militär.
Es gibt immer noch viel zu tun
"Gleichwohl ist noch viel zu tun, sonst würden wir hier nicht stehen", sagte Hess. Die Vorsitzenden von "Queer in Niederbayern" übten allen voran Kritik am Transsexuellengesetz - Lohmeyer: "Leider ist die Abstimmung zur Abschaffung des Gesetzes nicht positiv ausgegangen. Ich sage: Weg mit dem TSG." Der Applaus der CSD-Besucher zeigte: In der Community ist man sich darüber einig.
Ein Teilerfolg in Bezug auf Blutspenden
Einen Teilerfolg, so Lohmeyer, konnte man gegen die Diskriminierung homosexueller Männer erzielen. Galt für sie bisher de facto ein Blutspendeverbot, sollen für homosexuelle Männer und andere Menschen mit sogenanntem "sexuellen Risikoverhalten" neue Kriterien und Fristverkürzungen (vier statt zwölf Monate Abstinenz) gelten. Nach dem offiziellen Teil der Kundgebung wurde noch bis in den frühen Abend hinein beim CSD gefeiert.