Böse Überraschung in Landshut: Kinderärzte verhängen Aufnahmestop
Landshut - Gerade für junge Familien ist Landshut attraktiv. Doch wer sich als neu Zugezogener einen neuen "Onkel Doktor" für sein Kind suchen muss, erlebt oft eine böse Überraschung: In vielen Kinderarztpraxen herrscht seit einiger Zeit ein Aufnahmestopp. Die Ärzte sind völlig überlastet.
Eine Neubürgerin etwa wollte bei einem Kinderarzt nur einen Termin für eine Auffrisch-Impfung ihres elfjährigen Sohns vereinbaren. Dort hieß es jedoch, dass man nur Kinder aufnähme, deren Geschwister bereits dort behandelt werden und Säuglinge, die noch keine Geschwister und keinen betreuenden Arzt hätten.
Laut Versorgungsatlas der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns gibt es in der Region Landshut eine rund 25% Überversorgung an Kinderärzten
Weitere Praxen teilten am Telefon mit, dass zur Zeit keine neuen Patienten aufgenommen würden. "Leider müssen wir auch 2018 unseren Aufnahmestopp für Wechsler und neuzugezogene Patienten aufrecht erhalten", heißt es auf der Homepage einer Gemeinschaftspraxis.
Laut dem Versorgungsatlas der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns gibt es in der Region Landshut sogar eine rund 25-prozentige Überversorgung an Kinderärzten. "Wenn aber die hiesigen Kinderärzte keine neuen Patienten mehr aufnehmen oder elfjährige Kinder an den Allgemeinarzt verweisen, fällt es schwer, von Überversorgung zu sprechen“, sagt die ÖDP-Stadträtin Elke März-Granda, an die sich die abgewiesene Neubürgerin gewandt hatte, die für ihren Sohn schließlich einen Arzt in Ergolding fand.
Die Stadträtin indes will einen Antrag zur Versorgungssituation bei Kinderärzten in Landshut stellen. Darin soll die Verwaltung gebeten werden, bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) nachzufragen, wie es um die tatsächliche Versorgungssituation mit Kinderärzten in Landshut steht. Die Antwort der KVB: "Bislang sind bei unseren Beratern noch keine Beschwerden zum Thema kinderärztliche Behandlung in Landshut eingegangen. Ob es nicht trotzdem derzeit Engpässe in einzelnen Praxen gibt, können wir leider nicht beurteilen."
Ärztlicher Direktor des Kinderkrankenhauses St. Marien: kein medizinischer Notstand
Zwar seien die Kinderarztpraxen "alle ziemlich ausgelastet", sagt Dr. Reinhard Herterich, Ärztlicher Direktor des Kinderkrankenhauses St. Marien. "Einen medizinischen Notstand haben wir aber nicht". Das Problem sei vielmehr, dass Eltern gleich die Notfallambulanz des Kinderkrankenhauses aufsuchen, statt erst zum Kinderarzt zu gehen.
"Unsere Behandlungszahlen haben sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt", sagt Herterich. Er habe jedoch noch nie ein Kind erlebt, das deshalb nicht geimpft worden sei oder eine Vorsorgeuntersuchung in einer Kinderarztpraxis nicht erhalten habe, weil kein Termin mehr zu bekommen gewesen wäre. Sehr schwierig sei es, für Flüchtlingskinder einen Arzt zu finden, sagt Angela Edler von der Asylsozialarbeit von Haus international. Es gebe nur eine Kinderärztin, die noch Patienten aus der Gemeinschaftsunterkunft annehme, "und die ist völlig überlastet".
Seit einem halben Jahr herrscht in den Praxen ein Aufnahmestopp
Wie bei allen anderen Eltern, deren Kinder keinen Termin bei einem Arzt bekommen, führt dann der Weg ins Kinderkrankenhaus. Was oft unverhältnismäßig sei, sagt Endler, denn manchmal genüge auch nur ein Fieberzäpfchen statt einer umfassenden klinischen Diagnostik. Dass gerade Eltern aus anderen Ländern sich aber große Sorgen machen, wenn ihre Kinder Fieber oder Durchfall haben, sei verständlich: "In Afrika kann so etwas tödlich sein."
Die Asylsozialberatung hat sich mit einem Hilferuf an den Ärztlichen Kreisverband gewandt: Von den vier bekannten Kinderartzpraxen in Landshut und Ergolding nehme nur noch eine Kleinkinder für Vorsorgeuntersuchungen an. Seit einem halben Jahr herrsche in den Praxen ein Aufnahmestopp. Daraufhin hat der Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbands, Dr. Werner Resch, 19 niedergelassene Kinderärzte in Stadt und Land angeschrieben und um Stellungnahme gebeten.
Die Antworten seien ernüchternd, sagt Resch: Die Praxen könnten die hohe Patientenzahl nicht mehr adäquat versorgen, Arbeitstage von zwölf Stunden fast ohne Pause seien auf Dauer nicht zu bewältigen. Zudem könne man Eltern mit kleinen Kindern keine Wartezeiten von einer bis zwei Stunden zumuten. Ein Vorschlag zur Abhilfe laute, dass ältere Kinder auch von den Hausärzten betreut werden könnten.
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