Lamborghini-Treffen in Anzing: "Der ist so wild"
Der kultige Diablo, der Countach aus den 80ern, der schöne Miura: In Anzing treffen sich Lamborghini-Fahrer. Die AZ hat sich die aggressiven Autos und ihre Besitzer angesehen
ANZING - Die Motoren grollen. Männer mit verspiegelten Sonnenbrillen fahren mit grellbunten Autos durch Anzing. Sie treffen sich zur „Lamborghini Service-Klinik”, den ein örtliches Nobelautohaus veranstaltet. Die AZ schaut vorbei – und stellt fest: Lamborghini-Fahrer haben sich offenbar verändert.
Der Testfahrer
Valentino Balboni (62) ist Lamborghini-Botschafter. Jahrzehnte lang war er Chef-Testfahrer bei Lamborghini, jetzt reist er für die Autofirma um die Welt und teilt seine Begeisterung.
Er war 22 Jahre alt, als er das erste Mal für Lamborghini ein Auto getestet hat. Es war ein Miura, seither ist das Balbonis Lieblingsmodell. Trotzdem kennt und liebt er alle. Er soll 80 Prozent aller Lamborghinis, die je das Werk in San Agata in der Nähe von Bologna verlassen haben, gefahren sein. Deshalb weiß er: Jeder hat sein Temperament.
Er geht zu einem roten Countach. „Da muss man stark sein, der ist so wild”, sagt er und spricht das letzte Wort englisch aus.
Dass die Autos wild und teilweise unkomfortabel waren, darauf war Lamborghini immer stolz. Die Kupplung ging hart und war anfällig. Einen Lamborghini zu fahren, konnte heißen: zwei Stunden schrauben, vier Stunden fahren, dann wieder schrauben.
Aber die Kunden wollten das. „Man war sogar stolz”, erzählt Balboni. „Dann rief man seine Freunde an und sagte: Oh, ich habe Probleme mit meinem Lamborghini.”
Heute würden sich die Kunden gleich beschweren, kämen sogar mit dem Anwalt. „Aber die Liebhaber von damals”, sagt Balboni, „die sind geblieben.”
Der Liebhaber
Adolf Fischer ist so ein Liebhaber. Der 72-Jährige hat eine Leidenschaft für Motoren, sein ganzes Arbeitsleben beschäftigte er sich damit.
Nach der Schule lernte er im Flugzeugbau, 1968 ging er zu BMW. Dort war er zuletzt Konstruktionsleiter für große Motoren. Sein Team war es, das für BMW im Jahr 1983 den Zwölf-Zylinder-Motor entwickelte.
Lamborghinis gefielen ihm schon damals. „Die Konzepte waren das Aufregendste, was es gab”, sagt Fischer. „Konstruktionen hatten einen starken Charakter. Dabei kamen Autos heraus, die so nie wieder gebaut werden.” Zum Beispiel der LM. Ein mächtiger Geländewagen, den Lamborghini zwischen 1981 und 1993 baute. Fischer hat einen, olivgrün lackiert mit Stahlfelgen. Dreieinhalb Tonnen wiegt das Fahrzeug. Das fällt auf.
Einmal bekam es Adolf Fischer deshalb mit der Münchner Polizei zu tun. Fischer wohnte damals in Haar. Ein Nachbar hielt den LM für ein Militärfahrzeug, bekam Angst und rief die Polizei. Als die Beamten ankamen, sahen sie: Der vermeintliche Panzer war ein Lamborghini.
Die neuen Kunden
„So unproblematisch wie ein Ford Fiesta ist er natürlich nicht”, sagt Gerhard Schösswender. Er geht ans Heck seines Lamborghini Diablo und öffnet die Motorhaube. Hitze steigt auf und kräuselt sich in Wellen über dem gelben Lack. „Aber das ist es wert”, sagt Schösswender und schaut auf den Motor seines Autos. „Sechs Liter. Damit bin ich in Österreich wohl der Einzige.”
Dann schwärmt der 56-jährige Salzburger von der Form des Diablo, die viel aggressiver sei als die des Nachfolgemodells.
Gerhard Schösswender gehört zu den Kunden, die einen Lamborghini kaufen, weil sie ein starkes und kantiges Auto wollen, ein extremes, kompromissloses und männliches. Das verspricht Lamborghini schon mit seinem Wappentier, dem Stier.
Und das begeistert auch Siegfried Boes (42). Er hat sich grüne Turnschuhe angezogen, passend zu seinem Lamborghini Murciélago. Der Fürstenfeldbrucker verdient sein Geld mit vermieteten Lasershows.
Den ersten Lamborghini habe er mit neun Jahren in Italien gesehen. Seither sei das Auto sein Traum gewesen. Er sah dann auch noch Ferrari und andere, aber die waren ihm zu brav. Es musste ein Lamborghini sein.
Seit einem knappen Jahr hat er einen. Auf dem Nummernschild steht die Typbezeichnung des Murciélago. Valentino Balboni, der Testfahrer, bemerkt es und freut sich. Das gefällt Siegfried Boes. „LP700 habe ich mir schon reserviert”, sagt er. „Für nächstes Jahr.” LP 700, das ist die Typ-Bezeichnung des Aventador. „Das ist die neue Superwaffe”, erklärt ein Lamborghini-Kundenbetreuer. 700 PS und mit einer „Mindesthöchstgeschwindigkeit” von 350 km/h. „Wer sich traut”, sagt er, „der kann damit auch schneller fahren.”