Ladenschluss: Das ändert sich an den Öffnungszeiten in Bayern

München – Spätshopping ist auch in Zukunft eine Ausnahme im Freistaat. Die bayerische Staatsregierung hat am Dienstag die "Eckpunkte" für ein neues Ladenschlussgesetz verabschiedet – und es minimal liberalisiert. Die bayerische (und sonst nur vom Saarland geteilte) Eigenart von Öffnungszeiten von 6 bis 20 Uhr von Montag bis Samstag bleibt jedoch gewahrt.
Mitternachtsshopping zukünftig öfter möglich
Das hält der Handelsverband Bayern für "gut und richtig". "Die große und deutliche Mehrheit unserer Unternehmen will, dass es bei 20 Uhr bleibt", sagt Bernd Ohlmann vom Handelsverband Bayern der AZ. Ganz oft könnten Einzelhändler das dafür nötige Personal gar nicht auftreiben, heißt es weiter.
Mehr Freiheiten gibt es hingegen bei den Verkaufsabenden bis 24 Uhr: In Zukunft sind diese achtmal pro Kommune und zusätzlich viermal für jedes Unternehmen gestattet. Ohne dafür einen bestimmten Anlass zu benötigen, wie bisher vorgeschrieben.
Außerdem werden digitale Kleinstsupermärkte mit bis zu 150 Quadratmetern zugelassen, die auch an Sonn- und Feiertagen ohne Personaleinsatz geöffnet werden dürfen. Dabei handelt es sich um Supermärkte mit Selbstbedienung.
Wird Bayern damit moderner?
Die bayerische Arbeitsministerin Ulrike Scharf (CSU) nennt diese neuen Freiheiten im Anschluss an die Kabinettssitzung "Fortschritt mit menschlichem Gesicht". Über die freut sich auch der Handelsverband: "Das ist unbürokratisch, das ist schnell, das ist super."
Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), begrüßt ebenfalls die dadurch entfallende Bürokratie. "Bayern gibt sich selbst ein eigenes und modernes und den verschiedenen Ansprüchen Rechnung tragendes Ladenschlussgesetz", sagt er der AZ.
Verdi kritisiert das Gesetz scharf: "gesundheitsgefährdend"
Hubert Thiermeyer, Verdi-Experte für Handel in Bayern, kritisiert das geplante Gesetz hingegen scharf: "Acht lange Einkaufsnächte plus vier weitere Einkaufsabende sind eine massive Ausweitung von gesundheitsgefährdender Nachtarbeit für die Beschäftigten." Er befürchtet, dass deshalb noch mehr Menschen den Einzelhandel verlassen würden.
Außerdem privilegiere das Gesetz mit den digitalen Kleinstsupermärkten ein Betriebsformat, "das mit extrem wenig Personal auskommt und überwiegend von aggressiven Handelskonzernen betrieben wird". Auch die Katholische Arbeitnehmerbewegung Bayern (KAB) übt scharfe Kritik an den vom Ministerrat verabschiedeten Eckpunkten für ein bayerisches Ladenschlussgesetz. KAB-Landespräses Michael Wagner spricht davon, dass „die Beschäftigten ausverkauft“ würden, da Shoppingnächte zu Nachtarbeit führten. Zudem seien die digitalen Kleinstsupermärkte ein „trojanisches Pferd der Handelskonzerne“ und schadeten dem mittelständischen Einzelhandel, da sie auch am Sonntag geöffnet haben und so Umsatz abzögen.
Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) sieht darin jedoch die Chance, die Nahversorgung der "Menschen im ländlichen Raum in Zeiten des Arbeitskräftemangels" zu verbessern.
Handelsverband sieht Versäumnisse bei Sonntagsregelung
Der Sonn- und Feiertagsverkauf in Tourismusorten für bestimmte Sortimente an bis zu 40 Tagen im Jahr bleibt ebenso erhalten. In die Kategorie fallen derzeit etwa 500 der 2056 bayerischen Gemeinden. Was ein "Tourismusort" ist, soll aber näher konkretisiert werden, kündigt Scharf an.
Die bisherige Regelung, dass eine Gemeinde die siebenfache Übernachtungszahl im Vergleich zur Einwohnerzahl hat, hält sie in Hinblick auf Tagesausflugsorte für überholt.
Aiwanger betont, dem Wunsch nachgekommen zu sein, den Sonntagsschutz nicht anzufassen. "Wir wollen den Sonntag nicht mehr öffnen als derzeit", sagt er. Um so die Mitarbeiter zu schützen. Der Handelsverband hat zum Sonntag gemischte Gefühle: "Dass die Anzahl der verkaufsoffenen Sonntage nicht erhöht wird, finden wir richtig, weil schon jetzt in Bayern kaum eine Kommune die mögliche Anzahl von vier ausnutzt."
Aber: Die Anlassbezogenheit hätte wie bei den Verkaufsabenden gestrichen werden sollen. Dies hätte für weniger Bürokratie gesorgt und zusätzlich mehr Rechtssicherheit geschaffen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür zu unpräzise seien.
