Kult-Autor J.D. Salinger: Sein Leben in Franken

Am Donnerstag starb der Schriftsteller mit 91 Jahren. Kapitel seines Welterfolgs „Der Fänger im Roggen“ könnten in Gunzenhausen entstanden sein...
GUNZENHAUSEN „Der Fänger im Roggen“, die drei Tage im Leben des Roman-Helden Holden Caulfield, würde man heute ein One-Hit-Wonder nennen: Es war der erste Roman des US-Autors J. D. Salinger, er machte ihn weltberühmt. Danach kam nichts mehr. Salinger machte sich rar – kaum etwas Persönliches ist über den Mann bekannt, der am Donnerstag im Alter von 91 Jahren starb. Was nur wenige wissen: Salinger lebte in Gunzenhausen, war mit einer Nürnberger Ärztin verheiratet. Experten vermuten: Kapitel seines Welt-Romans, der Millionen Jugendliche beeinflusst hat, wurden in Gunzenhausen geschrieben.
Salinger kämpfte 1944 in Bayern gegen Hitlers Armeen, recherchierte die Frankfurter Allgemeine. Einen Nervenzusammenbruch in Folge der schrecklichen Kriegserlebnisse kurierte er in einem Militärhospital in Nürnberg aus, wo er die Augenärztin Sylvia Welter kennen und lieben lernte. Im Oktober heirateten sie in Pappenheim, im November ließ sich das Paar in der „Villa Schmidt“, einem von den Amerikanern beschlagnahmten Haus in Gunzenhausen, nieder.
Hier war Hedwig Stübing angestellt. Ihr Arbeitszeugnis, das Salinger dem Hausmädchen aushändigt, ist bislang das einzige Dokument, das den Aufenthalt des Autors in Gunzenhausen bezeugt.
Zeitzeugen erinnern sich an „den Ami mit der Schreibmaschine“
1946 kehrten die Salingers nach Amerika zurück. 1951 erschien „Der Fänger im Roggen“. Noch vor dem Krieg hatte Salinger mit dem Manuskript begonnen. Möglicherweise sind also Teile von Holden Caulfields Drei-Tage-Trip in Gunzenhausen geschrieben worden.
Dokumente von damals gibt es wohl kaum noch welche. Werner Mühlhäuser, Archivar der Stadt Gunzenhausen, ist zwar auf Fotos gestoßen, auf denen ein Mann massive Ähnlichkeit mit Salinger aufweist. Doch ein Gutachter, der eine Analyse vornahm, schließt aus, dass es sich um Salinger handelt. „Schade“, meint Mühlhäuser, der noch immer nach weiteren Spuren des großen Schriftstellers in Gunzenhausen sucht.
Zeitzeugen erinnern sich an ihn als „den Ami mit der Schreibmaschine“. Es passt ins Bild, dass man auch über die Jugendjahre von Jerome David Salinger kaum etwas weiß. Sein Buch wurde in den ersten drei Jahren weltweit zehn Millionen Mal verkauft und geht auch sechs Jahrzehnte später noch zu Hunderttausenden über den Ladentisch.
Salinger hatte sich komplett zurückgezogen, mied die Öffentlichkeit, wohnte in dem kleinen Ort Cornish im US-Bundesstaat New Hampshire. Sein letztes Interview ist 30 Jahre her. sw