Kulmbacher Pfarrer positioniert sich: "Die AfD verstößt gegen christliche Werte"

Aufregung in Kulmbach: Ein Pfarrer positioniert sich gegen die rechte Partei. Deren Reaktion ließ nicht lange auf sich warten
von  Niclas Vaccalluzzo
Kirche versus AfD - selten so deutlich wie in Kulmbach.
Kirche versus AfD - selten so deutlich wie in Kulmbach. © Felix Kästle/dpa

Kulmbach - Der Kirche wird vorgeworfen, in den dunkelsten Zeiten unseres Landes zu sehr geschwiegen zu haben - zu Recht", sagt Pfarrer Hans Roppelt der AZ. Er ist leitender Pfarrer in der oberfränkischen Kreisstadt Kulmbach. Diesen Satz nahm er zum Anlass, um einen Beitrag im Gemeindeblatt zu veröffentlichen. Der Titel: "Ist die AfD für Christen wählbar?"

Pfarrer appelliert an seine Gemeinde: "Prüfen Sie Ihr Gewissen"

In dem Aufsatz begründet Roppelt, wieso er als christlicher Pfarrer die AfD nicht wählen kann. Sie sei eine Partei, die "nicht die gleiche Würde aller Menschen dieser Erde achtet" und "nicht den Grundsätzen der christlichen Nächstenliebe folgt". Er appelliert auch direkt an seine Gemeindemitglieder: "Prüfen Sie Ihr Gewissen, wenn Sie am 8. Oktober zur Landtagswahl gehen."

Wie Roppelt befürchtet hat, ließ eine Reaktion der Partei nicht lange auf sich warten. Die Kulmbacher Kreisvorsitzenden und Stadtratsmitglieder der AfD, Hagen Hartmann und Georg Hock, der auch für den Landtag kandidiert, holten zum Gegenschlag aus.

Vergangenen Sonntag verteilten sie als Antwort auf den Beitrag Flyer nach den Gottesdiensten in der Gemeinde. Hock gilt als Vertrauter des AfD-Rechtsaußen Björn Höcke. In dem Flyer abgedruckt war ein Brief, den die beiden Lokalpolitiker dem Pfarrer als Antwort geschrieben haben - mit "polemisch herablassendem Inhalt" wie Roppelt beschreibt. Er sagt: "Mein Artikel war hingegen ganz sachlich."

AfD wehrt sich - Dankeszuschriften von Gemeindemitgliedern

In dem Brief fordern Hock und Hartmann etwa, der Pfarrer solle doch lieber in "Schwarzafrika" missionieren gehen oder selbst Flüchtlinge aufnehmen. Was sie scheinbar nicht wussten: "Seit eineinhalb Jahren wohnen bei mir im Pfarrhaus ukrainische Flüchtlinge", sagt Roppelt. "Die meinen wir gar nicht", sagt Hock der AZ. Im Flyer werde deutlich, welche "Art von Flüchtlingen" tatsächlich gemeint seien, teilt er weiter mit, ohne ins Detail zu gehen.

Die beiden Politiker behaupten zudem, die AfD sei die einzige Partei, die das christliche Familienbild mit Vater, Mutter und Kind vertrete. Laut Roppelt gab es aber auch viele anderslautende Reaktionen: "Ich habe eine Masse an Zuschriften bekommen von Leuten die sich bei mir bedankt haben."

Die Flyer wurden dem Pfarrer zufolge auf "penetrante Art und Weise" an die Gottesdienst-Besucher verteilt, ihnen geradezu aufgedrängt. "Die Leute haben sich teilweise belästigt gefühlt und waren sehr verärgert", berichtet er. Ein Mann sei regelrecht dazu gezwungen worden den Flyer zu lesen, nachdem er diesen nicht annehmen wollte. "Absoluter Unsinn", sagt Hock zu den Vorwürfen. Man sei lediglich in zwei Kirchen in Kulmbach und in weiteren Ortskirchen auf die Leute zugegangen und habe die Flyer angeboten.

"Die AfD verstößt gegen christliche Werte, die mir sehr heilig sind"

Zudem seien sie an Autos geheftet und ausgelegt worden. Auf Nachfrage sagt Hock noch, er sehe die Veröffentlichung des Pfarrer-Beitrags nicht als so dramatisch an - es gebe ohnehin nicht mehr viele Kirchgänger. Trotzdem sah man sich wohl dazu veranlasst Beschwerde beim Prälat und Dekan des Erzbistums Bamberg einzulegen.

Hock ist der Meinung, dass Geistliche sich nicht politisch äußern sollten - schon gar nicht zu einer Partei. "In manchen Situationen muss sich die Kirche sehr wohl politisch äußern", findet hingegen der Pfarrer. "Die AfD verstößt gegen christliche Werte, die mir sehr heilig sind." Jeder Mensch auf dieser Erde habe die gleiche Würde und Hass sei kein Mittel. "Das alles widerspricht meinem Glauben und dafür steht die AfD."

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