Krankenhäuser und Heime fürchten Besucheransturm
München (dpa/lby) - Krankenhäuser und Heime fürchten nach wochenlanger Sperrung für Besucher einen Ansturm an diesem Wochenende. Die Bayerische Krankenhausgesellschaft veröffentlichte am Freitag vorsorglich einen Appell an die Bürger, sich vorher genau über die weiter geltenden Beschränkungen zu informieren.
"Wir haben den Eindruck, dass die zahlreichen Vorgaben, die in einer Infektionsschutzverordnung vorgeschrieben sind, in der Bevölkerung nicht ausreichend bekannt sind", sagte Siegfried Hasenbein, der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft.
Seit März war jeglichen Besuchern der Zutritt zu Krankenhäusern und Pflegeheimen verwehrt - in normalen Zeiten sind sogar in Gefängnissen Besuche möglich. "Es ist wichtig, dass sich insbesondere Familienmitglieder nun wiedersehen können und am Muttertag weniger einsam sind", sagte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU).
Gleichzeitig betonte sie aber: "Erleichterungen kann es nur mit entsprechenden Schutzmaßnahmen geben. Die Einrichtung müssen entsprechende Schutz- und Hygienekonzepte erstellen."
In Krankenhäusern muss sich jeder Besucher schriftlich registrieren lassen, außerdem kann jeder Patient nur eine feste Kontaktperson zu festen Zeiten empfangen. Masken und Mindestabstand von 1,5 Metern sind ebenfalls vorgeschrieben. Besuche mit Kindern oder der ganzen Familie sind nach wie vor nicht möglich. In Zwei- oder Mehrbettzimmern darf jeweils nur ein Patient besucht werden. Ähnliche Regeln gelten für Alten- und Pflegeheime.
Theo Zellner, Präsident des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK), mahnte, die Lockerungen mit Bedacht durchzuführen: "Wir müssen Mitarbeiter und Bewohner bestmöglich schützen und gleichzeitig Infektionen frühzeitig erkennen", sagte der frühere CSU-Politiker. So müssten in den Einrichtungen regelmäßig systematische Reihentests durchgeführt werden, um mögliche Infektionen schnell eindämmen zu können.
"Wir befürchten schon, dass es einen Ansturm geben wird, aber wir hoffen, dass die Leute so vernünftig sind und sich an die Regeln halten", meinte ein Sprecher der Caritas. Grundsätzlich sieht der katholische Wohlfahrtsverband die beschränkte Öffnung für Besucher positiv - ebenso wie andere Heimbetreiber. "Für unsere Bewohner ist der Kontakt zu Angehörigen sehr wichtig", sagte der Sprecher.
Für Kliniken und Heime bedeutet die Öffnung zunächst einmal mehr Arbeit: "Ein potenzieller Besucheransturm am Wochenende bedeutet für unsere Häuser vor allem einen höheren Personalaufwand, von der Terminierung der Besuche bis zur Überwachung der Abstands- und Hygieneregeln", sagt eine Sprecherin der Arbeiterwohlfahrt. "Für die Personalplanung, gerade am Wochenende, hätten wir uns von der Politik etwas mehr Vorlaufzeit gewünscht."
Patienten bleiben üblicherweise nur ein paar Tage im Krankenhaus, für die Bewohner von Alten- und Pflegeheimen bedeutete die Abriegelung wochenlange Isolation. Dass das Schwermut und seelische Krankheiten verursachen kann, ist allgemein bekannt. Gelitten haben darunter aber nicht nur die Bewohner. "Natürlich hat das auch zu einer weiteren deutlichen Erhöhung der Belastung für die Pflegenden geführt", sagte Georg Sigl-Lehner, Präsident der Vereinigung der Pflegenden in Bayern.
Auch der Berufsverband sieht das Tempo der Lockerungen kritisch: "Es werden behördliche Auflagen damit verbunden, die Einrichtungen so kurzfristig nur mit enormem zusätzlichen Zeitaufwand umzusetzen versuchen, und die sie erneut vor große Herausforderungen stellen."
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