Konjunktur in Bayern: "Weißbier-Index" schäumt schwach

Exporte lassen nach, der Konsum zieht an: Wie die Wirtschaft in Bayern dasteht und was ihre Vertreter fordern.
Christian Pfaffinger |
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Deutlich mehr als halb voll: Der „Weißbier-Index“ der bayerischen Wirtschaft steht gut, bloß die Prognose könnte besser sein.
vdw Deutlich mehr als halb voll: Der „Weißbier-Index“ der bayerischen Wirtschaft steht gut, bloß die Prognose könnte besser sein.

München - Wer in der Wirtschaft sitzt, tut was für die Wirtschaft. Und das freut nicht nur den Wirt, sondern auch Alfred Gaffal. Der Chef-Lobbyist der bayerischen Wirtschaft hat am Mittwoch in München die aktuellen Zahlen zur Konjunktur der Unternehmen im Freistaat vorgestellt. Sein Resümee: „Moderates Wachstum, gestiegene Risiken.“

Dabei ist der Anteil der Weißbiere am sogennanten „Weißbier-Index“ wichtiger geworden, denn: „Die größten Konjunkturimpulse gingen vom Konsum aus.“ Das Hotelgewerbe, die Gastronomie und der Einzelhandel – das waren die Zugpferde des bayerischen Wirtschaftswachstums im vergangenen halben Jahr.

Aktuell steht der „Weißbier-Index“ bei 130 Punkten, was in der Darstellung der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) ein gut gefülltes Glas ist. Auch wenn das Bier eher schwach schäumt.

Der Wachstumsindex steht ebenso gut da (138 Punkte und damit neun mehr als im Frühjahr), ebenso wie die Indizes für die Beschäftigung (siehe Grafik unten). Bloß bei der Prognose geht es nach unten.

Der Grund: Schon im laufenden Halbjahr konnte man die Prognosen nicht halten. Gut zwei Prozent Wachstum gebe es in der bayerischen Wirtschaft bis Jahresende, hatte die vbw im Frühjahr geschätzt. Nun sind es bloß 1,7 Prozent geworden. Keine dramatische Unterschreitung des Ziels, aber eben doch nicht wie erhofft.

 

Die Bauindustrie schwächelt, das Handwerk bleibt stark

 

„Wir haben einen leichten Aufwärtstrend“, sagt vbw-Boss Alfred Gaffal. „Aber weiterhin mit angezogener Handbremse.“ Vor allem in der Industrie habe es einen schwachen Produktionsanstieg von 2,4 Prozent gegeben. In der Bauindustrie geht es sogar nach unten: um sieben Prozent in den ersten neun Monaten des Jahres. Hier sei die Hoffnung, dass die Delle sich gibt, wenn Aufträge des Bundes kommendes Jahr in den Büchern der Unternehmen landen. Das Bau-Handwerk stehe besser da.

So hat Bayern, sonst eines der wirtschaftlich überdurchschnittlich starken Bundesländer, heuer bisher nur ein bundesweit durchschnittliches Wirtschaftswachstum. „Das liegt daran“, sagt Alfred Gaffal, „weil wir stark exportorientiert sind“. Und so gut schaue es da eben gerade nicht aus, vor allem, was Exporte in Schwellenländern angeht. China verunsicherte die Märkte vor einigen Wochen mit abgeschwächtem Wachstum, Brasilien ist schon seit einiger Zeit nicht mehr recht auf der Höhe.

Und dann ist da noch Russland: „Seit Beginn der Sanktionen sind die Exporte dorthin um 50 Prozent zurückgegangen“, sagt Gaffal. „Diese Sanktionen schaden unserer Wirtschaft, sie müssen aufhören.“

Dafür seien die Exporte in die USA recht stark gewesen. Am deutlichsten legte die bayerische Wirtschaft in Richtung Großbritannien zu. Für beide Märkte seien vor allem günstige Wechselkurse entscheidend gewesen.

Was der Wirtschaft allerdings Sorgen bereitet: Die Bedeutung des Standorts Bayern wächst in den Augen der Unternehmen nicht rasant genug. „Alfred Gaffal sagt: „Die Musik spielt im Ausland.“ Vor allem energieintensive Branchen würden wegen der hohen Energiekosten in Deutschland andere Standorte bevorzugen. „Während das Bruttoanlagevermögen der Industrie in Bayren seit dem Jahr 200 um 14,1 Prozent gestiegen ist, hat sich der Bestand an Direktinvestitionen im Ausland verdreifacht.“

Das heißt zwar zum einen, dass bayerische Firmen sich international aufstellen. Zum anderen sei es allerdings eine Warnung, dass der Standort an Attraktivität verliere. Deshalb fordert der vbw-Chef erneut das, was Firmen lieben: Flexibilität. Mehr Zeitarbeit, mehr Outsourcing, die Anpassung von Lohn und Arbeitszeit an Erfolg und Auftragslage und weniger Regulierung, die Gaffal eine „Strangulierung“ nennt.

 

Zehntausende Flüchtlinge sollen in die Jobs

 

Auch die Flüchtlingsmigration beschäftigt die Wirtschaft. Das konkrete Ziel sei es, sagt Gaffal, bis Ende 2016 rund 20.000 Flüchtlingen einen Praktikums-, Ausbildungs- oder Arbeitsplatz anzubieten sowie bis Ende des Jahres 2019 mindestens 60.000 Flüchtlinge erfolgreich in den hiesigen Arbeitsmarkt zu integrieren.

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