Komponist von Schlager-Hit verliert Prozess gegen Verleger

Die Schlagerszene zeichnet nur allzu gerne das Bild einer heilen Welt. Doch auch die bekommt schnell Risse, wenn es um Geld geht - wie ein Prozess in München zeigt.
von  dpa

München - "Es ist nie zu spät" - das haben sich offensichtlich die Schöpfer des gleichnamigen Schlagers gedacht, als sie ihrem Musikverleger nach 52 Jahren fristlos kündigten. Auch die Verträge zu neun anderen Songs, darunter dem Evergreen "Aber Dich gibt's nur einmal für mich", beendeten sie wegen vermeintlicher Untätigkeit des Verlegers. Dagegen zog dieser vor Gericht - und bekam am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht München auch im Berufungsverfahren Recht.

Es geht um einen Haufen Geld, denn die Lieder ("Zwei Gitarren - Eine Sweetheart Melodie", "Bring mir Glück Schornsteinfeger") laufen bis heute im Radio oder auf Volksmusikveranstaltungen. Entsprechend fließen die Tantiemen. Das Gericht setzte den Streitwert daher auf 100 000 Euro fest.

Der Sachverhalt ist komplex: Es geht um zehn Lieder, die zwei Textdichter und ein Komponist im Jahr 1965 in einem Musikverlag verlegen ließen. 2017 kündigten die drei die Verträge fristlos - und der Verleger zog vor Gericht. Er wollte feststellen lassen, dass die gleich zweimal ausgesprochenen Kündigungen unwirksam sind.

Dem hielten die Schöpfer der Kassenschlager unter anderem entgegen, dass der Verleger über Jahre hinweg untätig gewesen sei und die Verträge zudem sittenwidrig seien. Vor dem Landgericht erhielt der Musikverleger jedoch Recht, woraufhin die zwei Textdichter aus dem Verfahren ausstiegen. Vor dem Oberlandesgericht erlitt der verbleibende Komponist Pepe Ederer nun ebenfalls eine Niederlage. (Az. 29 U 2854/18)

Ederers Anwalt hatte argumentiert, dass die Verträge sittenwidrig seien. Es gebe ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Zum einen sei nirgendwo klar definiert, was ein Verleger tun müsse, um sich wie vertraglich zugesichert "für die Verbreitung des jeweiligen Werks in handelsüblicher Weise einzusetzen". Im Gegenzug bekomme der Verleger aber bis zu 40 Prozent der Tantiemen, die den Urhebern zustehen.

Zum anderen sei die Dauer des Vertrags vollkommen unverhältnismäßig, da er 70 Jahre über den Tod hinaus andauere. "Das ist der Kern der Sittenwidrigkeit, dass hier etwas in Beton gegossen wird für mehr als 130 Jahre", betonte der Anwalt mit Blick auf seinen bereits hochbetagten Mandanten.

Der Anwalt bemängelte noch einen weiteren Punkt als sittenwidrig. Er betrifft einen Kern des Urheberrechts: Die Schöpfer hätten alle Rechte mit Ausnahme des Verlagsrechts - also dem Druck der Noten - auf die Rechtewahrnehmungsgesellschaft GEMA übertragen gehabt. "Sie konnten also nicht ein weiteres Mal auf den Verlag übertragen werden."

Das Oberlandesgericht jedoch folgte dieser Argumentation wie zuvor bereits das Landgericht nicht. Die Verträge seien damals nach dem Vertragsmuster des Deutschen Musikverlegerverbandes abgeschlossen worden. Die Regelungen seien daher 1965 marktüblich und dadurch nicht sittenwidrig gewesen. Hätte das Gericht dem Anwalt zugestimmt, hätte das für die gesamte Branche gravierende Auswirkungen gehabt.

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