Kommt die Vermögenssteuer zurück? So stehen die Chancen

Die Debatte um die Vermögenssteuer ist lange Zeit eingeschlafen. Eine neue Umfrage hat nun ergeben: Ein Großteil der Deutschen befürwortet sie, sogar unter den Unions-Anhänger findet sich eine Mehrheit dafür. Wie stehen die Chancen für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer? Die AZ macht den Check.
von  Heidi Geyer
Kommt die Vermögenssteuer zurück? (Archivbild)
Kommt die Vermögenssteuer zurück? (Archivbild) © Daniel Bockwoldt/dpa

München/Berlin - Sie klingt nach Robin Hood: Den Reichen nehmen, den Armen geben. Mehr oder weniger. In Deutschland gab es die Vermögenssteuer bis 1997, seitdem wird sie nicht mehr erhoben. Abgeschafft ist sie nicht, sondern nur ausgesetzt.

Vermögenssteuer seit 1997 nur ausgesetzt

Denn das Bundesverfassungsgericht hatte geurteilt, dass der Grundbesitz nicht richtig bewertet wird. Dies basierte auf Zahlen aus dem Jahr 1964, wodurch das Grundvermögen dadurch im Vergleich zu anderen Vermögenswerten in geringerem Maße besteuert wurde. Auch die Reichen sollen es fair haben, daher ist die Steuer seitdem ausgesetzt, wobei das Gesetz nicht gestrichen wurde.

Mehrheit der Deutschen für Vermögenssteuer

Ab 1978 lag der Steuersatz für natürliche Personen bei 0,5 Prozent und stieg 1995 auf ein Prozent. In den neuen Bundesländern wurde die Vermögenssteuer nach der Wiedervereinigung nicht erhoben.

In Zeiten knapper Kassen gibt es in Deutschland wieder viele Befürworter, das zu ändern. Laut einer Forsa-Umfrage spricht sich eine Mehrheit der Deutschen für eine Wiedereinführung aus.

CSU-Generalsekretär warnt

Anhänger der Grünen unterstützen dies zu 84 Prozent, doch selbst bei Unions-Anhängern stimmen 55 Prozent zu. Das ist insofern überraschend, da die Union die Vermögenssteuer in ihrem Wahlprogramm ablehnt.

Trotz der Umfrage sagt CSU-Generalsekretär Martin Huber der AZ, dass dies nach wie vor gelte. Sein Kritikpunkt: "Eine Vermögenssteuer wäre ein Angriff auf unseren Mittelstand." Wer Vermögen besteuere, besteuere Rücklagen und Investitionsmittel. Das gehe an die Substanz von Handwerk, Landwirtschaft und Mittelstand. "Statt blinder Umverteilung und Neid-Debatten braucht es Unterstützung für die, die unseren Wohlstand erarbeiten und Arbeitsplätze schaffen", so Huber.

Rückkehr der Vermögenssteuer: Wird dadurch die Miete teurer?

Die CDU warnt davor, dass eine Vermögenssteuer letztlich alle Menschen treffen würde. Denn in Zweifel würden Hauseigentümer die Mehrkosten einfach auf ihre Mieter umlegen. Zumal Rücklagen, die besteuert würden, Modernisierungen verhindern würden und damit Arbeitsplätze gefährden.

Rolf Mützenich, SPD-Fraktionschef im Bundestag, hat die Debatte noch einmal angeheizt. Denn er forderte jüngst, dass Vermögende mehr beitragen sollten. Tatsächlich sprechen sich laut Forsa 79 Prozent der SPD-Anhänger ebenfalls für eine solche Steuer aus.

Eine "Schere" zwischen Arm und Reich? 

Mützenich sieht "eine Schere in Deutschland zwischen denen, die trotz auskömmlicher Arbeit nicht genügend Vermögen bilden können, und denen, die mit geschenktem Vermögen ihre Zukunft manchmal sogar ohne Arbeit gestalten".

Dass sein Vorschlag nur geringe Chancen hat, liege an der politischen Konstellation. Doch so schnell will er nicht aufgeben: "Umso wichtiger ist es, diese Frage in den kommenden Bundestagswahlkampf einzubringen."

Der große Reibach bei der Umverteilung ließ sich in der Vergangenheit nicht machen. Laut Friedrich-Ebert-Stiftung lag der Anteil der Vermögenssteuer am Steueraufkommen in den 50er- und 60er-Jahren lediglich bei 0,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Aufgrund der fehlenden Aktualisierung der Bemessungsgrundlage nahm dies bis in die 1990er Jahre sogar noch ab und sackte auf 0,2 Prozent des BIP ab.

Grundsteuer bietet Chance

Eine Chance und Grund für Mützenichs Vorstoß liegt womöglich auch in der jüngsten Reform der Grundsteuer. Deutschlandweit stöhnten viele Menschen über die neue Grundsteuererklärung. Dadurch wäre grundsätzlich die Neueinführung der Vermögenssteuer ab 2025 denkbar, denn nun sei auch die vom Verfassungsgericht kritisierte Bemessungsgrundlage aktualisiert.

Die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung schlägt dabei persönliche Freibeträge für Privatpersonen in Höhe von zwei Millionen Euro sowie einen einheitlichen Steuersatz von einem Prozent vor. Zudem soll es Verschonungsregeln für Betriebsvermögen geben.

Bentele will Steuer unbedingt

VdK-Präsidentin Verena Bentele spricht sich "unbedingt" dafür aus, große Vermögen zu besteuern. "Neueste Daten zeigen, dass das Maß an Vermögensungleichheit bisher völlig unterschätzt wurde: Die oberen zehn Prozent besitzen über 60 Prozent des Gesamtvermögens im Land und die unteren 50 Prozent haben nur einen Anteil von 2,3 Prozent", sagt Bentele der AZ. "Das muss sich dringend ändern!"

Eine reformierte Vermögenssteuer, wie sie der VdK fordere, würde nur die Superreichen im Land betreffen - und das auch nur ganz schwach, etwa durch Freibeträge. "Wir wollen niemandem sein Haus oder seine Altersvorsorge wegnehmen. Es geht lediglich darum, die extreme Ungleichheit in diesem Land zugunsten derer zu verschieben, die es dringend brauchen", sagt Bentele.

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