Kommentar: CSU-Chef Markus Söder - die Richtung stimmt

Ist es späte Einsicht? Schiere Verzweiflung über stetig sinkende Umfragewerte? Oder beides? Man weiß es nicht genau.
Doch fest steht: Markus Söder hat in den letzten Monaten eine bemerkenswerte Wandlung vollzogen. Als neuer Chef der Partei, der Politik-Professor Werner Weidenfeld im Herbst in der AZ noch ein "querulantisches Profil" bescheinigte, beschwört Söder nun Einheit und Harmonie. Seinem Dauerrivalen Horst Seehofer trägt er den Ehrenvorsitz an und würdigt dessen Verdienste. Die CDU-Chefin bekommt Blumen und einen Strauß netter Worte.
Nichts wie weg mit dem Streithansel-Image! Gemeinsamkeit soll künftig das Zauberwort heißen im Ringen mit der rechten AfD und immer stärkeren Grünen.
Söder mit neuer Strategie auf Wählerfang
Das bedeutet auch Versöhnung mit denen, die sich vor allem in Flüchtlingsfragen zuletzt vor den Kopf gestoßen fühlten: Kirchen und Ehrenamtliche. Die christliche Prägung der CSU will Söder heute als "einladendes" Attribut verstanden wissen. Seinen Kreuzerlass hatten 2018 noch viele, nicht nur Migranten, als Ausgrenzung empfunden. Überhaupt: die Migranten. Was haben sich Menschen anderer Herkunft oder anderen Glaubens nicht alles anhören müssen – von Wörtern wie "Asyl-Tourismus" bis hin zur Islam-Debatte. Nun sollen sie CSU-Wähler werden! Ein Schelm, wer dabei an Kalkül denkt...
Und: Der Mann, der einmal das "Ende des geordneten Multilateralismus" ausgerufen hatte, will nun für Europa kämpfen; es nicht den populistischen Spaltern überlassen, wie er sagt. Zudem hat Söder den Umweltschutz für sich entdeckt, beziehungsweise das Bewahren der Schöpfung als ur-konservatives Begehr. Dass dafür erst die Grünen zweitstärkste Kraft im Freistaat werden mussten – geschenkt.
All das sind Schritte in die richtige Richtung. Doch nun müssen den Worten Taten folgen. Etwa, indem die Staatsregierung die Aufnahme des Klimaschutzes in die Bayerische Verfassung – wie von Grünen und SPD gefordert – auch durch entsprechende Gesetze flankiert.
Und die Zeit drängt: Die Europawahl Ende Mai wird zeigen, ob die Wähler Markus Söder und seiner Partei den Kurswechsel abnehmen.