Koks-Skandal bei der Polizei im Allgäu

Beim Chef der Drogenfahndung Kempten lagen 1,5Kilo Kokain in seinem Spind im Präsidium. Der 52-Jährige sitzt in U-Haft. Hat der Polizist eine Razzia an die Drogenmafia im Allgäu verpfiffen?
Ralph Hub |
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Beim Chef der Drogenfahndung Kempten lagen 1,5 Kilo Kokain in seinem Spind im Präsidium. Der 52-Jährige sitzt in U-Haft. Hat der Polizist eine Razzia an die Drogenmafia im Allgäu verpfiffen?

Kempten Ausgerechnet der Chef der Drogenfahndung in Kempten im Wert von bis zu einer viertel Million Euro in seinem Spind im Präsidium deponiert.

Alles begann vor einer Woche mit einem Routineeinsatz wegen häuslicher Gewalt. Zwei Streifenpolizisten klingelte an der Haustür einer Frau aus dem Landkreis Oberallgäu. Sie hatte sich kurz zuvor mit ihrem Mann heftig gestritten und die Polizei um Hilfe gerufen.

Als die Tür aufging, sahen sich die Beamten unverhofft der Ehefrau eines Kollegen gegenüber. Das Opfer ist mit dem Chef der Kemptener Drogenfahndung verheiratet, einem 52 Jahre alten Ersten Polizeihauptkommissar. Der Chef der Drogenfahndung war nach AZ-Informationen nicht zu Hause. Doch auch so erfuhren die Polizisten eine Menge interessante Details über ihren Kollegen.

Schnell war klar, dass es um mehr ging, als nur um eine Meinungsverschiedenheit zwischen Eheleuten. Der 52-Jährige wurde zur Fahndung ausgeschrieben. Zudem durchsuchten Polizisten den Spind des Kollegen im Präsidium. Dort fanden sie laut einem Bericht der Allgäuer Zeitung fein säuberlich verpackt 1,5 Kilo Kokain.

Der Stoff soll je nach Reinheitsgrad bis zu 250 000 Euro wert sein. Der Drogenfund könnte der Beginn eines Polizeiskandals von gewaltigem Ausmaß sein – und möglicherweise auch die Erklärung für einen missglückten Schlag gegen die Drogenmafia.

Nach monatelangen geheimen Vorbereitungen holten die Drogenfahnder im vergangenen September zu einem großen Schlag aus. Bei der Razzia in Kempten und im Oberallgäu durchsuchten über 100 Beamte 33 Wohnungen. Doch am Ende der Aktion blieben nur lächerliche 15 Gramm Kokain und 15 Gramm Marihuana.

Die Frage, ob die Razzia verraten worden war, konnte nicht geklärt werden. Nach der Verhaftung des Chefs der Drogenfahndung möchte sich im Präsidium in Kempten erst recht keiner zu dem Verdacht äußern. Fest steht, das Allgäu ist eine der wichtigsten Basen der internationalen Drogenmafia.

Wie der Chef der Drogenfahndung an den Stoff kam, ist unklar. Zu seinen Aufgaben gehörte auch die Vernichtung beschlagnahmter Drogen. Geklärt werden muss zudem, ob er mit Drogen gehandelt hat. Dass er die Drogen für den Eigenverbrauch gehortet habe, gilt als unwahrscheinlich.

Im Polizeipräsidium sorgt der Fall für Aufregung. Es handle sich um einen Einzeltäter. Es gebe keinen Hinweis auf Komplizen unter seinen Mitarbeitern. Der verdächtige 52-Jährige wird von Kollegen als „ruhiger Typ“ beschrieben, über den es „keinerlei Auffälligkeiten“ zu berichten gebe. Polizeipräsident Hans-Jürgen Memel sagte, er halte den Fall für „den gravierendsten seit meinem Dienstbeginn in Kempten vor fast 20 Jahren".

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