Kochen wie für Kurfürsten

In Regensburg ist vor Kurzem ein besonderes Rezeptbuch aufgetaucht: Es ist vor 233 Jahren in München gedruckt worden und gibt einen Einblick, wie die Herrschaften anno dazumal gespeist haben.
Von Verena Lehner |
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Die Übergabe: Rainer Vogel (l.) händigt im Namen der Schenkerin das Buch dem Staatsbibliotheksleiter Bernhard Luebbers aus.
dpa Die Übergabe: Rainer Vogel (l.) händigt im Namen der Schenkerin das Buch dem Staatsbibliotheksleiter Bernhard Luebbers aus.

München - Sie würden gerne wissen, wie Sie eine Tafel mit 30 bis 50 Leuten bekochen? Es interessiert Sie, was vor 230 Jahren die angesagtesten Rezepte waren, und würden die auch mal gerne nachkochen? Dann dürfte dieses Kochbuch genau das Richtige sein: „Allerneuestes Kochbuch, welches lehret, wie man auf die allergenaueste, delikateste und gesparsamste Art arbeiten, die Speisen machen, und heutigen Tags serviren soll“.

Hört sich ein bisschen altmodisch an? Ist es auch. Dieses Kochbuch stammt aus dem Jahr 1783, ist vor einigen Monaten in der Oberpfalz aufgetaucht – und ist eine kleine Sensation. „Dieses Kochbuch ist wirklich etwas Besonderes, weil es nur noch sehr wenige davon auf der Welt gibt“, sagt Bernhard Luebbers, Leiter der Staatlichen Bibliothek in Regensburg, in deren Besitz das Buch mittlerweile ist. Alte Kochbücher sind generell eine Rarität, weil sie die Jahrhunderte nur selten überstehen.

„Kochbücher sind Gebrauchsliteratur. Die werden noch an die nächste Generation vererbt, vielleicht noch an die übernächste, aber dann ist es meist auch schon vorbei“, erklärt Luebbers im Gespräch mit der AZ. Umso glücklicher ist er über dieses gut erhaltene Exemplar, das vor 233 Jahren in München gedruckt und der Staatsbibliothek kürzlich als private Schenkung übergeben worden ist. „Es gibt einen hervorragenden Einblick in die Kulturgeschichte des Essens und den Zeitgeist am Ende des 18. Jahrhunderts.“

Und dieser Zeitgeist war eindeutig französisch geprägt. Ebenso wie die Küche. Alle Rezepte in dem Buch sind immer auch mit ihren französischen Namen aufgelistet. „Frankreich war damals die Leitkultur, so wie heute Amerika“, erklärt Luebbers. Das erklärt auch den Namen des Kochbuch-Autors: Jean Neubauer, der eigentlich als Johann Neubauer geboren wurde. „Seinen Namen zu romanisieren, war damals modern.“

Doch wer war dieser Jean Neubauer, der das über 600 Seiten dicke Kochbuch verfasst hat? Eine Frage, die nur schwer zu beantworten ist. Über den Autor ist laut Luebbers nur wenig bekannt. Er war gelernter Koch und angestellt bei seiner Exzellenz dem Grafen von der Wahl. Dieser wiederum war Minister beim damaligen Kurfürsten Karl II..

"Das war kein Kochbuch für Krethi und Plethi"

Neubauer verfügte über ein unglaubliches Wissen. Als er das Kochbuch geschrieben hat, muss er bereits 30 bis 40 Jahre als Koch gearbeitet haben, so Luebbers.  Es gibt keine Mengenangaben einzelner Zutaten, dafür aber genaue Angaben, wann die Bediensteten was zu servieren haben. „Diese Rezeptsammlung ist kein Kochbuch für Krethi und Plethi, das war eindeutig für die oberen Zehntausend bestimmt“, erklärt Luebbers.

Alles in Frakturschrift: Die Rezepte sind online einsehbar

Diese oberen Zehntausend haben nicht schlecht gelebt. Neubauer bekochte nicht selten 60 Gäste auf einmal. Während das normale Volk von Getreide und Kartoffeln leben musste, tischte der Meisterkoch im Hause des Grafen Butterpasteten von der Kalbsleber, geräucherten Schinken vom Spieß, Taubenbrust mit glasiertem Speck oder ein original französisches Boefflamot auf. Und das sind nur die Hauptgänge. Desserts und Suppen fallen in Neubauers Küche nicht weniger üppig aus. Es gibt reichhaltige Suppen von Rind oder Rebhuhn und Gelees von verschiedenen Früchten.

 

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