Knobloch: Erinnerung an das Kriegsgrauen wachhalten

München (dpa/lby) - Das Grauen der Kriegszeit, die Verfolgung und die unmenschlichen Verbrechen dürfen nicht in Vergessenheit geraten - das ist die eindringliche Botschaft aus dem russisch-jüdischen Dialog des Klassikfestivals Ammerseerenade am Donnerstagabend in München. Damit wurde an das Ende der Leningrader Blockade vor 75 Jahren mit mehr als einer Million ziviler Opfer erinnert.
Als Zeitzeugen berichteten Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, und Wladimir Fedossejew, langjähriger Dirigent des Tschaikowsky-Symphonie-Orchesters, mit erschütternden Schilderungen über ihre verlorene Kindheit. Beide wurden 1932 geboren.
Fedossejew war neun Jahre alt, als die Blockade 1941 begann: "Es ist grauenvoll, sich an diese Zeit zu erinnern." Auf Befehl Adolf Hitlers sollte Leningrad, das heutige St. Petersburg, durch systematisches Aushungern der Bewohner ausgelöscht werden. "Es gab nichts zu essen, nichts zu trinken." Auf der Straße war es lebensgefährlich. "Ich war wie ein kleines Tierchen gefangen. Wir hatten alle Angst davor, einfach aufgegessen zu werden." Viele Menschen seien einfach verschwunden, berichtete der Dirigent.
Charlotte Knobloch konnte als kleines Mädchen nur getrennt von ihren Eltern überleben. "Die Angst um sie hat mich jede Nacht begleitet." Ihre Großmutter wurde im Konzentrationslager Theresienstadt ermordet.
Noch während der Blockade, die bis 1944 dauerte, fand Fedossejew zur Musik. Er spielte vor Schwerverwundeten in Krankenhäusern. Auch mit einem Benefizkonzert des Tchaikovsky-Symphonie-Orchesters und der Pianistin Elisabeth Leonskaja soll an diesem Freitag im Benediktinerkloster St. Ottilien (Landkreis Landsberg am Lech) an die Kriegsgräuel erinnert werden.