Klinikreform: „Personal am Limit!“

München - Mit Protestzügen und Kundgebungen haben gestern mehrere tausend Klinikbeschäftigte in Bayern gegen die geplante Krankenhausreform Front gemacht. Allein in Nürnberg beteiligten sich laut Polizei rund 2500 Ärzte, Pfleger, Krankenschwestern und Verwaltungsmitarbeiter an einer Demonstration durch die Innenstadt. Auch in München gingen etliche Klinik-Mitarbeiter auf die Straße.
Die Protestaktion
Unter dem Motto „Krankenhausreform – so nicht!“ fanden nach Angaben des Klinikdachverbandes zeitgleich knapp 70 Protestaktionen statt. Größere Kundgebungen gab es neben Nürnberg noch in Augsburg und Regensburg, berichtete ein Sprecher.
In Augsburg haben sich rund 1000 Klinikmitarbeiter während ihrer Mittagspause auf dem Rathausplatz versammelt, in Regensburg waren es 900 Protestler. An einer zentralen Kundgebung in Berlin nahmen knapp 2000 bayerische Krankenhausbeschäftigte teil.
Auf Transparenten und Spruchtafeln wiesen die Krankenhausbeschäftigten daraufhin, dass schon jetzt das „Personal am Limit“ arbeite. Zugleich warnten sie davor, an der falschen Stelle zu sparen. Zu den Protesten hatte die Bayerische Krankenhausgesellschaft aufgerufen.
Die Kritik
Nach Ansicht des Geschäftsführers der Bayerischen Krankenhausgesellschaft, Siegfried Hasenbein, bringt die Reform zwar „punktuelle Verbesserungen“ für die Kliniken. „Die Belastungen werden diese Verbesserungen aber um ein Vielfaches übersteigen“, warnte er. Angesichts der unzureichenden finanziellen Ausstattung blieben die bayerischen Kliniken weiterhin zu Personalabbau gezwungen. Das aber trage nicht zu mehr Qualität in den Kliniken bei.
Bayerische Klinikchefs befürchten mit dem neuen Krankenhausstrukturgesetz eine weitere Leistungsverdichtung; einige sehen darin ein „knallhartes Spargesetz“.
Zudem fehlten bei der geplanten Krankenhausreform Vorschläge für Verbesserungen der Notfallversorgung, betonte das Vorstandsmitglied des Klinikums Nürnberg, Alfred Estelmann.
Andere Klinik-Geschäftsführer befürchten, dass mit der weiterhin starken Belastung des Krankenhauspersonals Arzt- und Pflegeberufe bei jungen Leuten immer unattraktiver werden.
Die Münchner Demo
Auch in der Landeshauptstadt beteiligten sich Krankenhäuser an der Protest-Aktion, etwa die Frauenklinik Dr. Geisenhofer im Englischen Garten. Vor der Kulisse des Chinesischen Turms ließen Klinik-Chef Robert Conle und sein Personal gestern Mittag ihre Wünsche mit der Hilfe von grünen Luftballons in den Himmel steigen.
„Bitte fliegt zum bayerischen Landtag. Oder noch besser: direkt nach Berlin“, ruft Klinik-Chef Conle den Ballons nach.
Der Jurist kann die Pläne von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) nur schwer nachvollziehen. Statt der geplanten Entlastung werde seine Klinik, die sich in privater Trägerschaft befindet, keine Zuschüsse aus staatlichen Kassen erhält – somit noch stärker belastet. Die mit der Reform angedachte Patientenorientierung findet seiner Meinung nach nicht statt. Im Gegenteil.
Das geplante Kürzungsrecht der Krankenkassen führe dazu, dass zukünftig nicht mehr der medizinische Bedarf der Patienten im Vordergrund steht. „Nach neuem Recht dürfen wir nur noch eine vorher vereinbarte Patientenzahl behandeln. Die Kosten für alle Patientinnen, die wir darüber hinaus behandeln, müssen wir selbst tragen“. Und das werde die Frauenklinik trotz Schwierigkeiten auch weiterhin.
Rund 4000 Patientinnen nimmt die Geisenhofer-Klinik jährlich auf und führt über 2500 Geburten durch. Damit das auch in Zukunft so bleibt, wünscht sich Klinik-Chef Conle, dass die Ballons nicht mit heißer Luft, sondern Inhalten zugunsten der Krankenhäuser und ihrer Belegschaft aus Berlin zurückkommen.