Klimawandel wird die Alpen und Bayern besonders hart treffen: Experte zeichnet düsteres Bild

München/Berchtesgaden - Wie die Alpen das Wetter beeinflussen, weiß der Wissenschaftsjournalist und Adolf-Grimme-Preisträger Rolf Schlenker nur zu gut. Gemeinsam mit einem der bekanntesten Meteorologen des Landes, dem Wettermann der ARD, Sven Plöger, hat er darüber einen Bestseller geschrieben.
Die Prognose des Wetterexperten ist besorgniserregend. Im Nationalparkzentrum Berchtesgaden gab Schlenker bei einem Vortrag im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Berge lesen" Einblicke in seine Recherchen. Gefährliche Wetterlagen könnten künftig im Hochgebirge zum Alltag gehören.
Eisschicht von Alpen-Gletschern bildet sich deutlich zurück
Der Hintergrund: Weil den Alpen der wärmeabsorbierende Ozean fehle, schießt dort das Thermometer schneller in die Höhe als anderswo, erklärt Schlenker. Zwischen dem Jahr 2000 und 2014 seien dadurch bereits 22 Kubikkilometer an Eis-Masse verlorengegangen. Dabei ist die Gebirgskette für das Wetter in Europa von besonderer Bedeutung.
"Die Alpen sind ein Gebirgsriegel, der unendlich viel Wasser speichern kann und damit zum Quellgebiet wird", sagt Wissenschaftsjournalist Schlenker. Die Gebirgskette trenne Schlenker zufolge den kühleren Norden vom wärmeren Süden. Deshalb sei das Hochgebirge auch für Menschen in anderen Regionen eine wichtige Lebensgrundlage.

Durch den Temperaturanstieg könnten sich Wetterphänomene "drastisch" verschärfen, so der Fernseh- und Dokumentarfilmer, der unter anderem für das Erste und den SWR mehrere TV-Formate entwickelt hat. Wären die Alpen nicht da, wo sie heute sind, wären Unwetterereignisse wahrscheinlich noch deutlich dramatischer. Ohne das 200.000 Quadratkilometer große Gebirge würde Kaltluft aus dem Norden in den Süden ziehen – und umgekehrt. Das begünstige starke Schneestürme, sogenannte Blizzards. Diese könnten sogar italienische Metropolen wie Neapel treffen, wie Schlenker sagt. Auch in Deutschland könnte es dann eine Schneise geben, in der Tornados entstehen – ähnlich wie in den USA.
Für den Wissenschaftsjournalist sind die Alpen ein "Kontinent im Kleinen". Mit den unterschiedlichen Höhenlagen bildeten sie Europa "auf ein Tausendstel zusammengepresst und hochgeklappt" ab. Das Gebirge sei mit einem vor Naturkatastrophen schützenden Schild vergleichbar. Schmilzt allerdings der Schnee, wird die Sonneneinstrahlung nicht mehr spiegelgleich zurückgeworfen, sondern erwärmt die Oberfläche. Pflanzen könnten verschwinden und Tiere abwandern.
Klimawandel in Bayern könnte sich durch Felsstürze bemerkbar machen
Die Auswirkungen dürften wohl auch Regionen außerhalb des Hochgebirges treffen. Jedes Jahr fließen im Schnitt 220 Milliarden Kubikmeter Wasser von den Alpen ab und speisen damit die wichtigsten Flüsse. "Im Rhein sind 60 Prozent Alpenwasser", so Schlenker. Erst vor fünf Jahren war der Rhein auf einem historischen Tiefstand. Schlenker rechnet mit einer generellen Abnahme der Niederschläge und gleichzeitig mit einem Anstieg von Extremereignissen – auch in Berchtesgaden. Ohne das viele Wasser droht außerdem eine andere Gefahr. 170 Millionen Menschen sind direkt abhängig von den Alpen als Trinkwasserreservoir.
Davon abgesehen könnten Felsstürze auch zunehmend zum Problem für die Bevölkerung in den Alpen werden, so Schlenker. "Starkregen-Ereignisse werden dafür sorgen, dass die Sprengkräfte im Gestein größer werden."