Klima-Wandel: Melonen im Knoblauchsland

Noch vor wenigen Jahren gingen die Exoten ein – Bauern gehen „Mit Gemüse durch die Krise“.
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Maren Radloff zeigt's: Hier wächst eine Zuckermelone.
B. Meyer 2 Maren Radloff zeigt's: Hier wächst eine Zuckermelone.
Helmut Wolf vom Bayerischen Bauernverband.
B. Meyer 2 Helmut Wolf vom Bayerischen Bauernverband.

Noch vor wenigen Jahren gingen die Exoten ein – Bauern gehen „Mit Gemüse durch die Krise“.

NÜRNBERG „Mit Gemüse durch die Krise“ war das Motto am Tag der offenen Tür im Knoblauchsland. Helmut Wolf (55), Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands Nürnberg, erklärt, was das heißt.

AZ: Krise und Gemüse – wie passt das zusammen?

HELMUT WOLF: Auch wir müssen uns dem Mark anpassen. Der Kunde will frisches, heimisches Gemüse, um Treibhausgase zu vermindern.

Das hört sich nach einem überlegten Kunden an.

Ja, aber er will das ganzjährig und kostengünstig, was problematisch ist. Dazu soll das Gemüse fast essfertig sein.

Wenn der Konsument den Salat nicht mehr putzen will, schafft das im Knoblauchsland Arbeitsplätze?

Ja. Wir holen sehr viel Arbeitskräfte vom hiesigen Markt, vor allem Frauen in die Lebensmittelverarbeitung. Die schwere Arbeit auf dem Acker verrichten noch immer großteils Saison-Kräfte. Verkauf und Lieferung bestreiten heimische Arbeiter. In der Saison geben wir 2500 Menschen Arbeit. Rund 600 feste Jobs wirft das Knoblauchsland ab.

Inwiefern bereitet es Ihnen Probleme, dass der Kunde ganzjährig alle Gemüse- und Obstsorten einkaufen will?

Wir bauen das ganze Jahr über Tomaten und Gurken an – auch wenn das widersinnig ist, aber der Kunde möchte das so. Der schnippelt eben auch im Winter lieber schnell eine Gurke, statt aufwändig aus einem Krautkopf einen Salat zu machen.

Ich wette, dass kaum ein 20-Jähriger weiß, wie man einen solchen Salat zubereitet.

Die Wette haben Sie gewonnen. Doch wir können den Kunden nicht erziehen, er erzieht uns. Auch wenn das bedeutet, dass wir im Winter mit viel Energie Tomaten ziehen, die wenig Geschmack haben.

Immer öfter kommen exotische Früchte auf den Tisch – wie trendy ist das Knoblauchsland?

Jetzt wachsen bei uns auch Melonen, was ein Hinweis auf den Klimawandel ist. Freilandversuche scheiterten noch vor zehn Jahren. In unseren Gewächshäusern reifen Auberginen. Die wollen die Kunden auch.

Wenn die Nachfrage so stark ist: Geht es den Bauern gut?

Jeder Landwirt hat Leidensfähigkeit – und eine Passion. Für den gibt es nichts Schöneres, wenn im Frühling alles wächst. Der Bauer produziert Leben. Aber er braucht einen guten Preis.

Sind die Produkte zu billig?

Discounter machen uns Probleme. Die interessiert die Herkunft eben nicht, da zählt der Preis. Große Probleme machen uns die Qualitäts-Untersuchungen.

Weshalb?

Aus jeder Lieferung wird eine Charge überprüft. Das kostet viel Geld, zwischen 120 und 180 Euro. Zum Vergleich: Wenn ich zehn Kisten Schnittlauch zur Norma schicke, würde ich dafür genauso viel Geld erhalten, wie die Probe kostet.

Dann arbeiten sie umsonst.

Deshalb schließen sich die Bauern zusammen, es kommen viele Lieferungen im Zentrallager zusammen. Dann fällt eine Prüf-Charge nicht mehr ins Gewicht.

Aber ist das noch ökologisch?

...tja! Die Wege werden weiter, die Frische nimmt ab, die Umwelt wird belastet. Einen anderen Weg sehen wir aber nicht. Die Proben sind notwendig. Aber man sollte sich überlegen, ob die nicht einmal im Quartal unangekündigt genommen werden könnten. sw

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.