Klau-Alarm! Ladendiebe haben immer längere Finger
Der Handel schlägt Alarm: 4200 Anzeigen gab's letztes Jahr allein in Nürnberg – doch das ist nur ein Bruchteil...
NÜRNBERG Ein ganzes Warenlager hatte sich eine 46-jährige Nürnbergerin innerhalb weniger Monate zusammengeklaut. Jetzt wurde sie erwischt. Ihre Beute, die sie daheim hortete oder bereits im Internet versteigert hatte, war 40.000 Euro wert. Kein Einzelfall: Waren im Wert von 340 Millionen Euro ließen Langfinger im letzten Jahr in Bayern mitgehen! 43.586 Delikte wurden angezeigt, davon allein 4200 in Nürnberg! Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Denn nur jeder zehnte Dieb wird erwischt.
„Sorgen machen uns heute vor allem professionell organisierte Diebesbanden und die steigende Gewaltbereitschaft der Täter“, erklärt Bernd Ohlmann, Geschäftsführer des Handelsverbandes Bayern. „Die Diebe werden immer dreister. Sie entwickeln immer neue Methoden, um die Sicherheitsvorkehrungen zu überlisten.“
Dabei spielt vor allem die Beschaffungskriminalität eine Rolle: Diebstähle auf Bestellung von professionell agierenden Tätern, die als Touristen zum Klauen einreisen – und auch noch gewaltbereit sind. Laut Nürnberger Polizeistatistik waren im vergangenen Jahr 35,5 Prozent der erwischten Diebe Ausländer.
Moderne Technik schreckt viele Diebe ab
Besonders begehrt ist bei Langfingern alles, was klein und teuer ist: Rasierklingen, Parfüm und Kosmetik sowie CDs, Konsolenspiele, DVDs, Jeans – und Dessous. Der Einzelhandel investiert jährlich über 160 Millionen Euro in Sicherungsmaßnahmen. Ohlmann weiß: „Der Handel rüstet schon seit Jahren auf. Moderne Technik schreckt viele Diebe ab, weil das Risiko steigt, entdeckt zu werden.“
Hundertprozentigen Schutz gegen Ladendiebstahl bieten aber auch Radio-Frequenz-, elektromagnetische oder akustomagnetische Technik nicht. Gewiefte Langfinger kennen inzwischen zahlreiche Kniffe, um die Technik auszutricksen. Da werden Sicherungsetiketten kunstvoll entfernt, die Waren in präparierten Taschen oder Koffern transportiert oder Sicherheitsetiketten mit einer Alu-Folie daran gehindert, Alarm auszulösen.
Oft sind es die Detektive, die Langfinger erwischen. Doch in über 50 Prozent der Fälle hat die Beute nur einen Wert von bis zu 15 Euro. „Die Mehrzahl der Täter sind Gelegenheitsdiebe“, weiß der Einzelhandelsexperte – und das Schlimmste: Jeder Dritte ist minderjährig! Für Jugendliche steht oft nicht der kriminelle Aspekt im Vordergrund, sondern Abenteuerlust und vermeintliche Mutproben. Ohlmann warnt: „Eine Entkriminalisierung darf es nicht geben! Ladendiebstahl ist eine Straftat.“
Andrea Uhrig
- Themen:
- Bernd Ohlmann