Kirschessigfliege sägt Früchte an: Kein Obst dieses Jahr?

München - Durch einen neuen Schädling drohen den Obst- und Weinbauern in Süddeutschland erhebliche Ernteausfälle. Die Kirschessigfliege finde in diesem Jahr durch den feucht-warmen Sommer ideale Bedingungen vor, teilte die bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) im fränkischen Veitshöchheim mit. Zum ersten Mal trete die Fliege in Bayern flächendeckend auf.
In Deutschland gebe es bereits einzelne Betriebe mit Totalausfällen der Ernte, sagte Hans-Dieter Stallknecht, Fachreferent für Obst- und Gemüsebau beim Deutschen Bauernverband in Berlin. Die aus Ostasien eingeschleppte Fliege sei zum ersten Mal in großem Umfang aktiv. Sie wüte außer in Bayern vor allem in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Das ganze Ausmaß der Schäden sei noch nicht absehbar. "Wir kennen den Schädling noch nicht", sagte Stallknecht. "Wenn der dann massiv auftritt, dann hat man ein Problem."
Die nur etwa sechs Millimeter große Kirschessigfliege sägt die Schale von zahlreichen Fruchtsorten an, um darin ihre Eier abzulegen, erklärte LWG-Biologin Mareike Wurdack. Die Weibchen hätten am Hinterleib einen ausgeprägten "Legebohrer", mit dem sie durch die Schale vieler Früchte kämen. Ist eine Frucht befallen, fällt sie ein und beginnt auszulaufen. Außerdem riecht sie mostig und vergoren. Befallene Früchte können somit nicht mehr verkauft werden.
Ziel der Fliege sind neben Kirschen auch Brombeeren, Himbeeren, Heidelbeeren, Holunder, Pflaumen und rote Trauben. Das Julius-Kühn-Institut als Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen beobachtet die Fliege seit 2012 - nie war der Befall jedoch so hoch wie in diesem Jahr. Nach Zahlen auf ihrer Website zählten die Forscher in einem Test-Obstfeld in den vergangenen Jahren nie mehr als 200 Tiere - dieses Jahr waren es Anfang August 360. Bekämpfen können Obstbauern die Fliege erst, wenn sie am Werk ist, erklärte Wurdack - mit chemischen Pflanzenschutzmitteln. "Wenn jemand gar keinen chemischen Pflanzenschutz betreibt, überlässt er den Tieren kampflos das Feld", sagte Wurdack. Sie verwies aber darauf, dass auch Mittel gegen die Fliege zur Verfügung stünden, die Bio-Landwirte einsetzen können.
Sorgen bereitet den Experten vor allem die schnelle Vermehrung der Fliegen. Die Tiere lebten im Sommer rund einen Monat, alle drei Wochen schlüpft eine neue Generation, erläuterte Wurdack. Wenn es im Winter wenig Frost gibt, könnten die Fliegen auch überwintern und lebten dann mehrere Monate. Durch den milden Winter hätten in diesem Jahr besonders viele Elterntiere überlebt, so dass die Zahl der Fliegen ab Juli rasant gestiegen sei.