Kirche läst Kreuze entfernen
Wie bunt dürfen Grabkreuze sein? Streit um Ausstellung in Passau. Kirche greift durch und läst Kreuze vorübergehend entfernen.
Passau - Paradoxe Posse aus der Bischofsstadt Passau: Die Kirche hat aus einer Kunstausstellung in ihren Räumen 30 Kreuze entfernen lassen. Hintergrund der Zensur: Besucher störten sich angeblich an den grell bunten Christusfiguren auf Grabkreuzen. „Transitus/Übergänge“ – so nennt sich die Ausstellung zum 60. Geburtstag des Passauer Künstlers Friedrich Brunner im Diözesanmuseum in der Fürstbischöflichen Residenz.
Neben seinen abstrakten Gemälden gibt es einen besonderen Raum, die Installation „Tod und Auferstehung“. Sie wurde seit 2004 schon an vielen Orten gezeigt, in seiner Heimatstadt noch nicht. Vor dem Prospekt mit Texten aus der Apokalypse stellt er 30 schlichte, gebrauchte Grabkreuze. Jedes mit einer Christusfigur in verschiedenen, auch grellen Farben: blau, grün, rot... Die gedrückte Friedhofsstimmung des „Kreuzwaldes“ wird so heiter abgelenkt. Das war die Absicht des Künstlers: „Die bunten Christusfiguren sollen Fröhlichkeit symbolisieren, gegenüber der Trauer des Todes steht die Freude der Auferstehung.“ Interpretation im besten Sinne der christlichen Theologie.
Der Maler befasst sich seit jeher mit der Symbolkraft des Kreuzes. Im Hauptberuf ist er Gymnasiallehrer für Religion, Kunst und Deutsch. Am vierten Tag der Ausstellung war der Raum mit der Grabkreuz-Schau plötzlich leer. Ohne den Künstler zu informieren, hatte Alois Brunner (die Namensgleichheit ist zufällig), der Leiter des Kunstreferats der Diözese, die Installation entfernen lassen.
Die Grabkreuze werden von Helfern in einen Abstellraum geschafft. Was ist passiert? In einer schriftlichen Stellungnahme teilte Alois Brunner mit, Anlass seien „sehr kritische Rückmeldungen von ganzen Besuchergruppen, die sich von der Installation persönlich gestört fühlten“.
Die Konsequenz: „Wir haben für die Ausstellung eine Denkpause eingelegt und die Kreuze zunächst entfernt. Dies hätten wir mit dem Künstler Friedrich Brunner vorab und wesentlich besser klären können und müssen. Das tut uns auch sehr leid.“ Als Künstler Brunner von der Zensur erfuhr, kündigte er an, die gesamte Ausstellung sofort abzubrechen. „Ich finde des unglaublich, dass dies alles hinter meinem Rücken geschieht“, ärgerte er sich.
Die Kirche versuchte es zunächst mit einer halbherzigen Lösung. Die Installation wurde in reduzierter und entschärfter Form wieder aufgestellt: Zwölf Kreuze, die den Gekreuzigten in grellen Farben zeigen, wurden aussortiert. Die Wirkung war dahin – und der Streit keineswegs beigelegt. Der Künstler kündigte an, er wolle diese „kastrierte Form“ auf keinen Fall hinnehmen.
Die Kirche reagierte erneut – und ließ schließlich doch alle Kreuze wieder aufstellen. Der Kulturreferent der Diözese, Alois Brunner: „Inzwischen gab es das persönliche Gespräch mit dem Künstler, und alle Kreuze stehen wieder, auch ganz im Sinne des Wahlspruches des früheren Passauer Bischofs Simon Konrad Landersdorfer: ,Stat crux, dum volvitur orbis’ – das Kreuz steht fest, während die Welt sich dreht.“ In Passau bewegen sich manche Kreuze allerdings auf wunderliche Weise. Immerhin, Künstler Brunner ist zufrieden: „Ich hoffe, dass meine Kreuze weiterhin provozieren.“
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