Kinderschänder Shanti: Spur führt nach Franken

Zwei Erlanger Buben (13 und 16 Jahre) gehören zu den ersten Opfern des Sex-Gurus. Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen jedoch wieder ein
von  Abendzeitung
Esoterik-Guru Oliver Shanti (60) steht vor Gericht. Wie viele Kinder hat er wirklich missbraucht?
Esoterik-Guru Oliver Shanti (60) steht vor Gericht. Wie viele Kinder hat er wirklich missbraucht? © az

ERLANGEN/NÜRNBERG - Zwei Erlanger Buben (13 und 16 Jahre) gehören zu den ersten Opfern des Sex-Gurus. Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen jedoch wieder ein

War Esoterik-Guru Oliver Shanti (60) ein Wolf im Schafspelz? Für die Staatsanwaltschaft besteht daran kein Zweifel. Sie hat den zwielichtigen 150-Kilo-Mann wegen Kindesmissbrauchs in 314 Fällen angeklagt. Deswegen steht Sghanti ab heute zwar in München vor Gericht. Doch viel zu spät! Der Bamberger Anwalt Dieter Widmann hatte den mutmaßlichen Kinderschänder schon vor über zehn Jahren angezeigt und handfeste Beweise geliefert...

Auf die sektenähnlichen Strukturen Shantis, der einen eigenen Verlag hatte und für teueres Geld Esoterik-CDs vertrieb, war auch eine Frau aus Erlangen hereingefallen. Sie entwickelte so großes Vertrauen gegenüber dem Guru, dass sie ihm auch ihre beiden minderjährigen Buben anvertraute. Sie durften bei ihm in seiner Wohnung in München und auf seinem Anwesen in Portugal sogar zeitweise wohnen. Bei diesen Gelegenheiten soll Oliver Shanti, der aus Hamburg stammt und mit bürgerlichem Namen Ulrich Schulz heißt, die damals 13 und 16 Jahre alten Buben mehrfach missbraucht haben.

Rechtsanwalt Dieter Widmann, der Shanti den Behörden mit den Aussagen der Kindern quasi auf dem Präsentierteller frei Haus lieferte, ärgert sich noch heute, dass die Ermittlungen damals eingestellt wurden. „Vielen Kindern hätte viel Leid erspart werden können“, sagte er gestern zur AZ. Zu diesem Kreis armer Opfer zählt mit Sicherheit auch einer der beiden Buben aus Erlangen. Er rutschte als Jugendlicher ab, verfiel Alkohol und Drogen – und starb daran. „Das waren die Folgen des Missbrauchs“, stellt Widmann nun fest.

Erst 2002 machte die Staatsanwaltschaft München richtig ernst, als eine Mutter erneut Anzeige gegen den Esoterik-Guru erstattete. Doch diesmal kamen die bundesdeutschen Behörden zu spät. Shanti alias Schulz hatte sich in seine Finca nach Portugal absetzen können. So entging er seiner Festnahme. Von da ab begann zwischen ihm und den Zielfahndern des Bayerischen Landeskriminalamtes (LKA) ein Katz- und Maus-Spiel. Es endete eher durch Zufall: Als Shanti in der deutschen Botschaft von Lissabon einen Reisepass beantragte, wurde der mit internationalem Haftbefehl gesuchte Tatverdächtige von einem Angestellten erkannt – und von der örtlichen Polizei festgenommen.

Die Jahre zuvor, in denen der Sex-Guru seinen perversen Neigungen offensichtlich ungebremst frönen konnte, war die Fahndungs-Intensität der portugiesischen Behörden nur mäßig ausgeprägt. Zielfahnder des LKA hatten Shantis Aufenthaltsort lokalisiert und 2005 das Anwesen in Portugal durchsucht. Doch der „Vogel“ war ausgeflogen, die Aktion ein Schlag ins Wasser. Hinterher klagte der Chef der bayerischen Zielfahnder über mangelnde Kooperation mit den Kollegen in Portugal. Vor Gericht wird wohl nur die Spitze des Eisberges verhandelt. Die Staatsanwaltschaft geht von einer enorm hohen Dunkelziffer aus und sprach nach Shantis Festnahme von geschätzten 1000 Missbrauchsfällen. Helmut Reister

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