»Keine Lust, sich zum Affen machen zu lassen«
Anfeuern oder Stillschweigen? Die Club-Fans zwischen Frust, Resignation und allerletzter Hoffnung. Jetzt reden die Fans Klartext. Was erwartet die Club-Spieler gegen Bochum von den Rängen?
NÜRNBERG Schon am vorletzten Sonntag, direkt vor der Nullnummer gegen den HSV, hatten die Club-Fans via Spruchband gedroht: „Kämpft und siegt endlich für uns, sonst bleibt unsere Kurve stumm.“ Eine Woche später, gerade war das 3:1 für Leverkusen in der BayArena gefallen, war es Punkt 18.16 Uhr soweit. Die Treuesten der Treuen (1100 Anhänger waren ins Rheinland gereist) stellten ihre Unterstützung komplett ein. Pure Resignation, keine obligatorische Blockade des Mannschaftsbusses. Wie tief ist die Stimmung auf den Rängen gesunken? Die AZ fragte nach.
Jürgen „Beppo“ Bergmann, hauptamtlicher Fanbeauftragter: „Wenn die Spieler wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen, kaum Gegenwehr zu spüren ist, dann ist es logisch, dass keiner mehr Lust hat, irgendetwas zu singen, sich für seine Mannschaft zum Affen zu machen. Ich glaube jedoch nicht, dass es gegen Bochum zum Generalstreik der Fans kommen wird. Gut möglich aber, dass es anfangs keine Unterstützung von den Rängen geben wird, um den Spielern zu signalisieren: Wacht endlich auf, wehrt euch endlich mit allen Mitteln!“
Peter „Fiddl“ Maul, Vorstand Supporters-Club: „Solange theoretisch der Nichtabstieg noch möglich ist, bleibt uns nur die Hoffnung. Durch die einmaligen Uefa-Cup-Auftritte haben die Spieler scheinbar den Blick für das Wesentliche, die Liga, verloren. Ich kann und will mir nicht vorstellen, dass die Profis nicht kapiert haben, um was es für sie, den Verein und uns Fans geht. Wenn dafür ein Boykott nötig wäre, dann wäre es ohnehin zu spät. Wir müssen gegen Bochum bedingungslos hinter der Mannschaft stehen. Es wird auch für uns Zuschauer ein echtes Endspiel, den Club zum Sieg zu brüllen.“
Julius Neumann, Sprecher der Ultras Nürnberg: „Vom Platz kommt überhaupt nichts rüber zu uns. Da kommen wir uns dann auch irgendwann blöd vor, noch etwas zu singen. Die Situation haben sich die Spieler selbst eingebrockt. Das ist ein schleichender Prozess, der schon am ersten Spieltag mit dem 0:2 gegen Karlsruhe eingesetzt hat. Die Frustration ist bei uns relativ hoch. Wir müssen erst noch intern beraten, wie wir gegen Bochum auftreten werden.“
Thomas Zirngibl, Vorstand FCN-Fanverband: „Generell können wir unseren Mitgliedern gar nicht vorschreiben, ob sie nun schweigen oder 90 Minuten das Team anfeuern sollen. Natürlich herrscht bei uns große Angst, dass wir nach dem Abstieg als Meister 1969 jetzt nach dem Pokalsieg wieder zur großen Lachnummer werden könnten. Wir wären die schlechtesten Fans der Liga, wenn wir die Mannschaft jetzt tatsächlich im Stich lassen würden. Andererseits würden wir die Spieler auch mit Anstand in die zweite Liga verabschieden. Das verlangt allein der Respekt.“
Umfrage: Markus Löser
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