Keine Anzeige gegen zuständigen Richter

Die Staatsanwaltschaft Augsburg verwirft Anzeige gegen Richter und Psychiater. Der Anwalt von Gustl Mollath spricht von Willkür.
dapd |
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Augsburg/Nürnberg – Der womöglich seit Jahren zu Unrecht in der Psychiatrie in Bayreuth untergebrachte Kaufmann Gustl Mollath muss im Kampf um seine Rehabilitierung einen Rückschlag einstecken: Die Augsburger Staatsanwaltschaft lehnt ein Ermittlungsverfahren gegen einen Nürnberger Amtsrichter und den Leiter des Bayreuther Bezirkskrankenhauses wegen des Verdachts der schweren Freiheitsberaubung des 56-Jährigen ab.

Das teilten Mollaths Hamburger Anwalt Gerhard Strate und die Augsburger Behörde am Mittwoch mit. Strate hatte im Januar Strafanzeige gegen die beiden Männer erstattet, weil die von dem betroffenen Amtsrichter 2004 zwangsweise angeordnete Unterbringung Mollaths für mehrere Wochen in eine Klinik in Erlangen und später in Bayreuth seiner Auffassung nach verfassungswidrig ist.

Er berief sich dabei vor allem auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2001. Die Befragungen während der Aufenthalte und die fortdauernde Beobachtung Mollaths bezeichnete Strate als verbotene Vernehmungsmethoden. Mollath wurde laut Strate nur deshalb eingesperrt, weil er sich zuvor einer psychiatrischen Begutachtung verweigert hatte.

Die während des damaligen Zwangsaufenthalts gemachten Beurteilungen bildeten seinen Worten zufolge die wesentliche Grundlage für die späteren Gutachten, die Mollaths dauerhafte Unterbringung ermöglichten. Mollath sitzt nach einem Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth seit 2006 in der Psychiatrie in Bayreuth, weil er seine damalige Ehefrau angegriffen haben und gemeingefährlich sein soll.

Der 56-jährige Kaufmann hatte auch Schwarzgeldgeschäfte bei der Hypovereinsbank angeprangert, in die seine Ehefrau verwickelt gewesen sein soll. Das Gericht hatte diese Vorwürfe als paranoide Hirngespinste abgetan. Inzwischen stellten sie sich aber als wahr heraus. Vor einer Woche reichte Strate einen Antrag auf ein Wiederaufnahmeverfahren beim Landgericht Regensburg ein, um den Fall neu aufrollen zu lassen. Zwtl.: „Klares Bekenntnis zur Totalbeobachtung“

Mit ihrer Entscheidung habe die Staatsanwaltschaft Augsburg den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ignoriert, kritisierte Strate. „Im Ergebnis ist die Entscheidung ein klares Bekenntnis zur Totalbeobachtung von Zwangseingewiesenen“, sagte er der dapd. Er bezeichnete es als „höchst erstaunlich“, dass sich die Augsburger Behörde bei ihrer Entscheidung offenbar allein auf die Einsichtnahme der ihr von der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth übermittelten Strafakte in der Sache Mollath beschränkt und keine zusätzlichen Ermittlungen geführt habe.

Die Staatsanwaltschaft Augsburg argumentiert in einem Beschluss vom 26. Februar, dass das Verhalten des Amtsrichters und des Klinikleiters nicht im Widerspruch zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts stünden. Sie erläutert, dass sich Mollath einer psychiatrischen Untersuchung nicht generell verweigert habe, auch wenn er mit seiner Unterbringung nicht einverstanden gewesen sei.

Das Bundesverfassungsgericht sehe zudem nur eine Totalbeobachtung für unvereinbar mit der Würde des Menschen an. Diese sei im Fall Mollath aber nicht gegeben gewesen. In einer Mitteilung der Behörde heißt es, es lägen keine „zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für verfolgbare Straftaten der angezeigten Personen“ vor. Deshalb werde von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen.

Strate kündigte an, er werde Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft München einlegen. Sein Schriftsatz und der Beschluss der Augsburger Staatsanwaltschaft könnten am Abend auf seiner Internetseite unter www.strate.net abgerufen werden. Eine Beeinflussung der Entscheidung über das Wiederaufnahmeverfahren durch den Beschluss der Augsburger Behörde sieht Strate nicht. „Da habe ich keinerlei Befürchtungen“, sagte er.

 

Lesen Sie hier: Mollath-Anwalt beantragt Wiederaufnahmeverfahren

 

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