Kein Witz: Hier schnüffelt ein Wanzen-Spürhund!
NÜRNBERG Madox wackelt wie verrückt mit seinem Schwanz. Der belgische Schäferhund hat sichtlich Spaß daran, seine Schnauze zwischen Bettdecke und Matratze zu drücken. Immer zieht er ein weißes Stoffbündel hervor, in das sein Herrchen tote Bettwanzen verpackt hat – zu Trainingszwecken. Denn Madox ist der bundesweit erste – und bislang einzige – Spürhund, der die kleinen Blutsauger anhand ihres Geruchs ausfindig machen kann. Seine feine Schnauze stellt er seit 2009 in den Dienst des Nürnberger Schädlingsbekämpfers APC AG.
„Wenn er Bettwanzen findet, kratzt er oder legt sich hin”, schildert Jens Wenzel wie Madox Alarm schlägt. Wenzel ist nicht nur Herrchen und Trainer des zweieinhalbjährigen Schäferhunds, er ist in gewisser Weise auch sein Arbeitskollege. Denn der Schädlingsbekämpfer begleitet Madox bei seinen Einsätzen und sorgt mit Befehlen für dessen ordentliches Arbeiten. Wichtig dabei sei, dass Madox immer brav gestreichelt und mit Spielpausen belohnt werde, erzählt der 48-Jährige.
„Die Idee zum eigenen Bettwanzen-Spürhund kam uns auf einer Fachmesse in den USA”, berichtet APC-Leiter Alexander Kassel, „wo Bettwanzen-Spürhunde schon länger eingesetzt werden.” Zurück in Deutschland machten sie sich dann auf die Suche nach einem geeigneten Hund – und fanden Madox! Dessen Spieltrieb und ausgeprägter Geruchssinn dürfte erblich bedingt sein: Sein Vater setzte seine feine Nase viele Jahre als Spürhund beim Zoll ein!
Etwa neun Monate dauerte die Ausbildung, ehe Madox auf Wanzenjagd im ganzen Bundesgebiet gehen konnte. „Der Hund ist manchmal eine ganze Woche durchgängig im Einsatz”, erzählt Kassel.
Meist wird Madox zur Prävention eingesetzt, wenn ein Befall ausgeschlossen werden soll. Denn die auf menschliches Blut spezialisierten, bis zu sechs Millimeter großen, braunen Krabbler sind mit bloßem Auge zwar durchaus zu erkennen. Sie können sich aber sehr gut verstecken: in Matratzenfalten, hinter Fußbodenleisten und Tapeten, in Wandritzen, Bilderrahmen, Lampen, sogar in Fernsehern und in Nähten von Koffern und Rucksäcken!
Letzteres trug dazu bei, dass sich das Ungeziefer vor allem an beliebten Reisezielen ausgebreitet hat. Kassel: „New York hat ein großes Bettwanzenproblem, Paris, Berlin, Rom, London und auch München sind extrem betroffen.”
"Auch Fünf-Sterne-Hotels können betroffen sein"
Unterstützt wird die Ausbreitung außerdem durch den Second-Hand-Handel von Kleidung und Möbeln, als auch durch den Service von Möbelhäusern, neue Ware bei der Lieferung gegen alte auszutauschen. Denn meist wird dabei derselbe LKW benutzt.
Mit herkömmlichen Pestiziden kann den Blutsaugern, die ein Jahr ohne Nahrung auskommen können, längst nicht mehr der Garaus gemacht werden: Die meisten sind inzwischen immun dagegen. Deshalb setzt nicht nur APC auf eine thermische Behandlung, bei der befallene Räume über einen längeren Zeitraum auf etwa 60 Grad Celsius erhitzt werden. Dabei sterben die Wanzen und ihre Eier ab.
Ein Befall sei kein Hinweis auf mangelnde Hygiene, stellt der Biologe klar. „Auch Fünf-Sterne-Hotels können betroffen sein.” Und offensichtlich auch die Heilige Stadt in Rom: Letztes Jahr schleppte eine deutsche Jugendgruppe Wanzen aus einer Herberge im Vatikan ein, „heilige sozusagen”, erzählt Kassel schmunzelnd. Madox sei allerdings noch nicht vom Papst angefordert worden. Brigitte Caspary
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