Kasse geplündert: Mildes Urteil für CSU-Politiker

Josef Lerzer, Ex-Bürgermeister von Greding, veruntreute Gelder, „weil er im Amt überfordert war“.
von  Abendzeitung
Weinte gestern als Angeklagter vor Gericht: Franz Josef Lerzer (54), Ex-Bürgermeister von Greding.
Weinte gestern als Angeklagter vor Gericht: Franz Josef Lerzer (54), Ex-Bürgermeister von Greding. © Stadt Greding

Josef Lerzer, Ex-Bürgermeister von Greding, veruntreute Gelder, „weil er im Amt überfordert war“.

SCHWABACH Seinen zahlreich erschienenen Gemeindemitgliedern drehte er den Rücken zu. Josef Lerzer griff zum Taschentuch, kaum dass er auf dem Anklagestuhl saß, denn die Tränen flossen...

„Ich hab ihn auch gewählt. Ich hätte nie gedacht, dass er so eine Schweinerei macht“, raunte ein Zuschauer im vollen Saal des Schwabacher Amtsgerichts. Denn auf der Anklagebank saß wegen 30-facher Untreue der ehemalige 1. Bürgermeister von Greding, Franz Josef Lerzer (54, CSU). Als Amtsinhaber und Vorsitzender der Caritas-Sozialstation hatte er in fünf Jahren Waren für 14000 Euro für private Zwecke gekauft – und über die Gemeinde abgerechnet.

Hat Lerzer sich privat verspekuliert?

Es ging um Notebooks, sieben Handys, Kameras, Küchengeräte, Klarinetten für seine Ehefrau sowie ein Skelett auf Rollen (169 Euro) für seinen Sohn, der jetzt auf Bafög-Kosten Medizin studiert. Denn der derzeit krankgeschriebene Vater muss mit gekürztem Gehalt (4000 Euro brutto) auskommen.

Der Ex-Wirtschaftssreferent aus Roth war ab 1996 Oberhaupt von 3500 Gredingern Bis der Verwaltung 2007 auffiel, dass Lerzer in einer Woche zwei Navi-Geräte gekauft hatte, die nirgends in der Verwaltung auftauchten. Da schaute man man alle seine Zahlungsanweisungen an! Warum er kriminell wurde, das verschwieg Lerzer. „Er war krank und überfordert im Amt“, behauptete Verteidiger Hans-Peter Bauer. Zuhörer munkelten, dass Lerzer sich privat verspekuliert habe.

Als der Bürgermeister nach längerem Krankenstand Ende 2007 ins Rathaus zurückkam, warteten 200 aufgebrachte Bürger auf ihn. Zwei Anführer mussten später je 500 Euro Strafe zahlen wegen einer unangemeldeten Demonstration. Der Prozess gestern stand gar unter Polizeischutz. 2008 wurde Lerzer abgesetzt.

„Armes Volk, was wollt ihr denn“, habe seine Ehefrau damals die Demonstranten verhöhnt, wie sich gestern mehrere Gredinger erinnerten. Die zierliche Musikdozentin saß hocherhobenen Hauptes im Gerichtssaal, während der Gatte zusammengesunken nur ein kurzes Geständnis murmelte. Über 9000 Euro hat er bereits zurückgezahlt. Die gekauften Sachen stehen zur Abholung bereit.

Das Urteil: Milde elf Monate Bewährungsstrafe. Damit könnte Lerzer sogar Beamter bleiben – sowie 5000 Euro Buße.

Richterin Birgit Eckenberger rügte fehlende Kontrollen, verstand auch nicht, dass Angestellte des Bürgermeisters ohne Protest samstags 7680 Kopien für seinen Sohn erstellten. Ein Zuhörer: „Der hat doch seine Leute drangsaliert.“cis

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