Karl Chmielewski: Die Stille Hilfe für den Teufel von Gusen in Bernau
Bernau - Alfred Jodl, Generaloberst: Seit mehr als einem halben Jahrhundert steht der Name von Hitlers militärischem Chefstrategen eingemeißelt auf einem Grabstein auf der Fraueninsel. Erlaubt von der katholischen Kirche (AZ berichtete). Nur ein unbedeutender Einzelfall? Nein.
Gar nicht weit von besagtem Friedhof im Chiemsee liegt der Gottesacker der Gemeinde Bernau. Während die benachbarten Gemeinderats-Kollegen noch darüber diskutieren, was mit dem Jodl-Grab auf der Fraueninsel beziehungsweise dessen Inschrift passieren soll, wurde von der Bernauer Verwaltung entschieden, ein Grab jetzt aufzulösen: das des ehemaligen KZ-Kommandanten von Mauthausen-Gusen und Herzogenbusch, Karl Chmielewski. Er liegt dort seit 1991 mit kirchlichem Segen begraben.
Karl Chmielewski zu lebenslanger Haft verurteilt
Die Geschichte eines KZ-Kommandanten ist zwangsläufig mit Massenmord verbunden. Karl Chmielewski bildet keine Ausnahme – er wurde der "Teufel von Gusen" genannt. 1961 verurteilte ihn das Schwurgericht in Ansbach wegen 300-fachen Mordes zu lebenslanger Haft. Die späte Sühne lag daran, dass Chmielewski zunächst untertauchen konnte.
Wie aus den Gerichtsakten hervorgeht, setzte schon wenige Jahre nach seiner Verurteilung ein juristisches Dauerfeuer auf die Justiz ein mit dem Ziel seiner Entlassung. Initiator war der Nürnberger Anwalt Georg Fröschmann, der schon Nazis in den Nürnberger Prozessen vertreten hatte.
Georg Fröschmann wirkte auch für den Verein "Stille Hilfe für Kriegsgefangene und Internierte". Mit dem 1951 gegründeten Verein ist ein düsteres Kapitel der Kirchengeschichte verbunden, das bisher nur teilweise aufgearbeitet worden ist. In seinem Vorstand saßen viele Jahre höchste Repräsentanten beider großen Kirchen neben Nationalisten an einem Tisch – mit einem gemeinsamen Ziel.
1979 wurde Chmielewski begnadigt – Umzug nach Bernau
Wie gering die Berührungsängste der Kirchenvertreter mit zwielichtigen Vertretern der "Stillen Hilfe" waren, lässt sich an Heinrich Malz festmachen. Auch er saß im Vereinsvorstand. Zu Zeiten des Nationalsozialismus war er Referent von Ernst Kaltenbrunner, der im Hauptkriegsverbrecher-Prozess zum Tod verurteilt wurde. Kaltenbrunner war Chef des Reichssicherheitshauptamtes, der Machtzentrale der Nazis, und Vorgesetzter etwa von SS-Führer Heinrich Himmler.
Dessen Tochter Gudrun, die im Münchner Süden lebt und ihren Vater sowie dessen Ansichten noch immer verehrt, ist prominentes Mitglied der "Stillen Hilfe". Die Rolle, die Heinrich Malz im Machtapparat der Nazis spielte, hielt weder die evangelische noch die katholische Kirche davon ab, ihn zum Leiter des "Caritasbüros" zu machen. Das haben beide Kirchen zur Unterstützung der "Siegerjustiz-Opfer" gemeinsam gegründet.
In die Gunst anwaltschaftlicher und finanzieller Unterstützung des "Caritasbüro" und von der "Stillen Hilfe" kam auch Karl Chmielewski. 1979 wurde er begnadigt. Gesundheitliche Probleme mit nur noch kurzer Lebenserwartung und die Aussicht auf Pflege waren die zentralen Gründe dafür. Das Angebot, den Massenmörder aufzunehmen, kam unaufgefordert von der Diakonie in Rummelsberg. Diese Einrichtung war auch die Anlaufadresse für Heinrich Malz.
Die kirchliche Hilfestellung wirkte sich auch auf den Gesundheitszustand von KZ-Kommandant Karl Chmielewski ausgesprochen positiv aus. Der zunächst Todgeweihte durfte das Heim verlassen, zog nach Bernau an den Chiemsee und verbrachte dort seinen Lebensabend – noch zwölf Jahre lang.