Kapitän Walter: Er hat ein Cockpit im Wohnzimmer
Verrücktes Hobby: Mit einem 10.000 Euro teuren High-Tech-Gerät fliegt ein oberpfälzer Rentner als „Pilot“ um die ganze Welt. Seine Frau nimmt’s gelassen.
SCHWARZENFELD Wenn Walter Hochmuth-Bindl aus dem oberpfälzischen Schwarzenfeld die Triebwerke seines Jumbos startet, vibriert der Boden seiner Mietwohnung. Mit dem 10000 Euro teuren High-Tech-Gerät fliegt der Wohnzimmer-Pilot um die ganze Welt – und zwar mit allem, was dazugehört: Wetterkarten, Lotsen, Start- und Landebahn. Eine faszinierende virtuelle Flugwelt.
Es dröhnt aus fünf Boxen, Frührentner Walter Hochmuth-Bindl hat gerade die Turbinen seiner Boeing 737 gestartet, fest sitzt er in seinem Cockpit, volle Konzentration – die Stewardess bittet dank eigener Software für Kabinendurchsagen über Lautsprecher, dass sich die 200 Passagiere an Bord jetzt anschnallen sollen.
Pilot Walter, eigentlich gelernter Industriekaufmann, wartet ausstaffiert mit Headset die Starterlaubnis ab. Dann gibt er Gas, beschleunigt seine Maschine auf 350 Stundenkilometer und hebt ab. Die riesige Leinwand vor ihm und die zahllosen blinkenden Anzeigen geben einen Eindruck von einem Bilderbuchstart. Bei 27.000 Fuß – acht Kilometer Höhe – schaltet er den Autopiloten ein und versichert ernst: „Wenn sich das Wetter nicht verschlechtert, fliegen wir durch bis Innsbruck.“
Die Uniform erstand er im Internet - die Karten sind Originale
Monströs steht der gigantische Flugsimulator in einem Raum der Dreizimmer-Wohnung des Ehepaares – eingebettet in Computerkästen und allerlei High-Tech-Türmen. Erst vor kurzem hat Walter sich einen Co-Piloten-Sitz dazugekauft. Seine Frau darf allerdings noch nicht ans Steuer. „Sie muss noch viel lernen. Bei der heutigen Technik hat man weitaus mehr zu tun als damals.“
Was eigentlich niemand weiß: Zur wirklichen Fliegerei gesellt sich diese virtuelle Flug-Welt. „Bei vielen größeren Flughäfen auf der ganzen Welt gibt es Amateur-Fluglotsen, die – genau wie die echten Lotsen – Piloten und ihre Flugzeuge koordinieren", erklärt der Wohnzimmer-Pilot, dessen größter Traum es ist, einmal in einem echten Cockpit zu sitzen.
Diese passionierten Fluglotsen erteilen eine Start- und Landeerlaubnis für virtuelle Piloten, die sich vom praktischen Handling nicht von echten Flugkapitänen unterscheiden: Mittels Internetverbindung besorgen sich die Hobby-Piloten Wetterdaten, melden sich per Funk am Flughafen an, bitten um Starterlaubnis und fliegen dann in Echtzeit von Stadt zu Stadt. Am Zielflughafen wiederum erteilen Hobby-Lotsen die Landeerlaubnis.
„Wir arbeiten mit originalen Karten, berechnen den Kurs und erhalten dadurch nötige Codes, um uns beim jeweiligen Flughafen anmelden zu können.“ Theoretisch könne man eine Piloten-Prüfung bei der US-Luftaufsichtsbehörde ablegen und dann Flugstunden erteilen, erklärt Walter Hochmuth-Bindl, der seit 2006 stolzer Pilot mit echter Uniform aus dem Internet ist.
In echt abgehoben, als Passagier, ist er bisher nur selten. „Das ist mir zu teuer.“
Norbert Eimer/au
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