Kampf gegen Crystal: Bayern will Kräfte bündeln

An der tschechisch-bayerischen Grenze werden immer größere Mengen der Droge Crystal beschlagnahmt. Mit einem Netzwerk will Bayern nun die Kräfte gegen die Droge bündeln. Schließlich ist sie besonders für Jugendliche gefährlich.
Regensburg – Benjamin ist 19 Jahre alt. Er war ein schüchterner, braver Maurerlehrling – bis er in der Sog der Droge Crystal geriet. Er zieht sich immer wieder in den Keller zurück. Dort hat er sich, unbeachtet von den Eltern, ein Labor eingerichtet und stellt die synthetische Droge selbst her.
Seitdem habe der junge Mann eine Persönlichkeitsveränderung vollzogen, sei aggressiv zu seinen Eltern und die Leistungen in Schule und Beruf fielen ab, erläuterte der Leiter der Ambulanz und Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Deggendorf, Roland Ebner, bei einer Fachtagung am Mittwoch in Regensburg.
Dort diskutierten mehr als 100 Experten über die aktuelle Situation mit der Modedroge, die Bayern seit einigen Jahren überschwemmt. „Crystal ist weltweit hinter Cannabis die am häufigsten konsumierte illegale Droge und in Deutschland die Droge mit den größten Steigerungsraten“, sagte Gesundheits-Staatssekretärin Melanie Huml (CSU) bei der Eröffnung der Tagung.
Crystal sei leicht herzustellen und billig. In illegalen Drogenküchen in Tschechien werde Crystal produziert und an den grenznahen Asia-Märkten angeboten. Zoll und Polizei haben zwar ihre Anstrengungen in Zusammenarbeit mit den tschechischen Kollegen deutlich verstärkt. Der immer größeren Mengen werden sie aber nicht Herr.
Im Kampf gegen die Modedroge Crystal setzt Bayern daher auf Vernetzung der Kräfte und gezielte Prävention. Polizei, Justiz, Schulen, Jugendarbeit und Suchtberatungsstellen sollten künftig gezielter zusammenarbeiten, betonte Huml. Zunächst sollten die professionellen Helfer geschult und sensibilisiert werden. Hauptziel der Fachtagung ist daher der gegenseitige Informationsaustausch und der Aufbau eines Netzwerkes.
Im zweiten Schritt sollen dann präventive Maßnahmen folgen. Sie dürften bei Jugendlichen aber nicht Neugier und Begehrlichkeit wecken, betonte Huml. Vor allem die Party- und Clubszene ist für die kurzfristig stimmungsaufhellende Droge empfänglich – aber auch Manager, Sportler, Studenten und Hausfrauen greifen zu.
Crystal sorgt häufig für ein stärkeres Selbstwertgefühl, gesteigertes Mitteilungsbedürfnis und sexuelles Verlangen. Hunger und Durst werden weniger wahrgenommen, das Schlafbedürfnis sinkt. „Dabei kommt es bereits nach wenigen Einnahmen zur Abhängigkeit und einem rasanten körperlichen und geistigen Verfall“, erläuterte der Psychiater Roland Ebner.
Schwere psychische Schäden, Depressionen und Suizidgefahr sind die Folgen. Ebner forderte mehr stationäre Behandlungsplätze. Derzeit gebe es landesweit nur 17 Jugendsuchtbetten, nötig wären 56. Huml betonte, dass die Regierung weitere Behandlungsplätze beschlossen hat. „Die Entscheidung liegt letztlich aber bei den Trägern der Einrichtungen.“