Kam ER frei – weil sein Bruder ein Mörder ist?
Mildes Urteil für Vergewaltiger Konrad S. – weil er im Mord-Prozess gegen seinen Bruder Peter gebraucht wird?
NÜRNBERG Obwohl Konrad S. (46) eine Frau mindestens drei Mal brutal vergewaltigte und sogar damit drohte, ihr Baby zu ersticken, sollte sie nicht gefügig sein, verlässt der Dechsendorfer das Gericht als freier Mann. Staatsanwaltschaft und Opfer-Anwältin haben sich auf einen Deal verständigt: Zwei Jahre auf Bewährung, ein mildes Urteil, auch dank seines Geständnisses, wie der Richter anmerkte. Oder hing es auch damit zusammen, dass Konrad S. noch eine Aufgabe zu erfüllen hat? denn Konrad S. wird wohl noch als Zeuge gebraucht – im Prozess gegen seinen Bruder Peter. Der soll 1999 Susanne Mally (27) in einer Tiefgarage erstochen haben. Und der Prozess gegen Peter S. baut auf vielen Indizien.
Konrad S. hat im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs 10.000 Euro an sein Opfer Martina M.* (43) gezahlt. Unfassbar: Martina M. war seine Schwägerin, sie ist die Ex-Frau von Bruder Peter. Der AZ erzählte Martina M. bereits exklusiv ihr Schicksal: „Ich wurde jahrelang von ihm missbraucht. Niemand half mir.“
„Entweder, du ziehst jetzt deine Hose runter, oder dein Kind geht drauf“
Mit den Brüdern wohnte sie in deren Familienanwesen in Dechsendorf. Kurz nachdem Tochter Maren* – heute 24 – geboren wurde, begannen die Vergewaltigungen. Viele davon sind verjährt, drei Fälle nicht: 1990 vergewaltigte er sie in der Küche, als sie gerade Essen zubereitete. Im gleichen Jahr passte er sie im Keller ab. Im Sommer 1991 zeigte Konrad S., zu welcher Rohheit er fähig ist: Martina M. legte gerade ihre zweite Tochter, die im Mai 1991 geboren wurde, ins Bett. Konrad S. griff sie von hinten an, hielt sie im Würgegriff. Als Martina M. sich wehrte, nahm er das Kissen, mit dem das Kind zugedeckt war und hielt es über den Kopf des Babys: „Entweder, du ziehst jetzt deine Hose runter, oder dein Kind geht drauf.“ Martina M. fügte sich wie so oft voller Angst.
1995 flüchtete Martina aus dieser Hölle. Erstmals offenbarte sie die Brutalitäten nach der Scheidung von Ehemann Peter S. während einer Anhörung vor dem Erlanger Amtsgericht, als es ums Sorgerecht für die Kinder ging. Doch die Richterin reagierte nicht auf die Anschuldigungen.
Selbst fand Martina M. den Weg zur Polizei erst Anfang 2008 – bis dahin war viel passiert. Martina M. hatte neu geheiratet, ihre drei Kinder lebten beim Vater. Im März 1999 geriet ihr neues Leben aus den Fugen: Ihre Freundin Susanne Mally wurde in einer Tiefgarage in Erlangen erstochen. Erst neun Jahre später fand die Polizei den mutmaßlichen Mörder: Peter S., Martina M.s Ex-Mann. Von der Polizei hört die bis dato ahnungslose Frau, warum Peter S. ihre Freundin getötet haben soll – weil Susanne Mally erfahren haben soll, dass Peter S. Tochter Maren missbraucht habe.
Das Vergewaltigungsopfer fühlt sich rehabilitiert
Martina M. war geschockt – und machte reinen Tisch. Sie erzählte erstmals Behörden von den Vergewaltigungen durch Peters Bruder Konrad.
Peter S. wartet noch auf seine Verhandlung, der Mord-Prozess stützt sich zu einem großen Teil auf Indizien, in Kürze soll die Anklage stehen.
Bruder Konrad S. beteuerte gestern vor Gericht, wie leid ihm die Übergriffe auf die Ex-Schwägerin tun. „Ich bitte sie um Verzeihung und weiß, dass das Geld den Schaden nicht gutmachen kann. Ich hoffe, dass sie das Geschehene verkraftet.“
Mit dem Urteil kann Martina M. leben. „Mit dem Geld“, sagt sie, „kann ich mir kein Glück kaufen. Aber ich fühle mich durch sein Geständnis rehabilitiert. Ich dachte doch jahrelang, mir würde niemand glauben.“sw
*Name geändert