Kaiserschnitt liegt im Trend
Ein Drittel aller Kinder in Bayern kommt heute schon so auf die Welt – die Nürnbergerinnen bevorzugen dagegen die natürliche Geburt.
NÜRNBERG Keine Frage, der Schnitt in der Bikini-Zone liegt im Trend: Immer mehr Frauen lassen per Kaiserschnitt entbinden – nahezu ein Drittel der Kinder in Bayern erblicken nicht auf natürliche Weise das Licht der Welt. Das ist eine Zunahme von zehn Prozent innerhalb der letzten zehn Jahre! Doch während die Kaiserschnitt-Rate bayernweit bei 31 Prozent liegt, weisen die Zahlen der Techniker-Krankenkasse für Nürnberg nur einen Anteil von 22 Prozent aus (s. Grafik rechts). Zahlen, auf die man an den beiden großen Nürnberger Geburts-Abteilungen im Südklinikum und im Klinikum Hallerwiese stolz ist.
„Zu uns und in die Hallerwiese kommen Frauen extra aus dem Umland, weil wir eine natürliche Geburt anbieten – und das auch hinkriegen“, sagt Dr. Wolfgang Köhler, der Leiter der Geburtshilfe am Südklinikum. Man brauche eben eine gewisse „Coolness“, sagt der Arzt, der in 15 Jahren Geburtshilfe tausenden von Babys auf die Welt geholfen hat: „Der wichtigste Handgriff des Geburtshelfers sind die Hände in der Hosentasche.“
Natürlich geborenen Babys geht's oft besser
Auch er hat registriert, dass die Wünsche nach dem Kaiserschnitt „aus nichtmedizinischen Gründen“ deutlich zunehmen. Warum wählen gesunde Frauen den Kaiserschnitt? Die Planbarkeit der Geburt und eine „unbestimmte Angst“ vor der Qual des Gebärens sieht Köhler im Vordergrund.
Zudem hat der Kaiserschnitt den Schrecken früherer Jahrzehnte verloren: Während Ende des 19. Jahrhunderts noch 80 Prozent der Frauen starben, liegt die Müttersterblichkeit heute bei 0,04 Promille. Kein Wunder, dass viele Mediziner beim geringsten Anzeichen eines Risikos zum operativen Eingriff neigen. Schon bei einer erwarteten Zwillings-Geburt empfehlen viele Ärzte den Kaiserschnitt.
Dr. Wolfgang Köhler versucht im Beratungs-Gespräch den Frauen die natürliche Geburt nahe zu bringen. „Das sollte man sich gut überlegen. Nach einem Kaiserschnitt besteht bei einer weiteren Geburt das Risiko, dass sich die Nachgeburt in der Narbe einwächst.“ Darüber hinaus gehe es den natürlich geborenen Babys oft besser, weil sie durch den Stress der Wehen das Fruchtwasser besser aus den Lungen bekommen.
Außerdem dürfe man nicht unterschätzen, was das so genannte „Bonding“ (zu deutsch: Bindung) für Mutter und Kind bedeutet – der Moment, wenn das Neugeborene nach vollbrachter Tat auf dem Bauch der Mutter liegt. Dr. Wolfgang Köhler: „In neuester Zeit kommen deshalb Frauen zu uns, die nach einem Kaiserschnitt eine natürliche Geburt wollen – nur um das zu erleben.“
Winfried Vennemann