Kämmerer verzockt Millionen – und macht Gewinn!
Die internationale Finanzkrise bedroht die Leasing-Geschäfte der Stadt Nürnberg mit US-Konzernen, die die Rathaus-Kasse entlasten.
NÜRNBERG Jetzt trifft die Finanzkrise auch die Stadt Nürnberg! Bis zu vier Millionen Euro kostet Kämmerer Harald Riedel (SPD) der Absturz des großen amerikanischen Versicherungs- und Finanzdienstleistungskonzerns AIG. Derzeit wird hinter den Kulissen intensiv verhandelt. Am Freitag steht nach AZ-Informationen die genaue Summe fest, die die Stadtkasse zusätzlich belasten wird. Trotzdem hat sich die Zockerei mit dem großen Geld im internationalen Finanz-Roulette für die Stadt Nürnberg rentiert. Rund 50 Millionen Euro hat sie damit gespart.
Es war wie eine Lizenz zum Gelddrucken: Ende der 1990er Jahre nutzten amerikanische Konzerne ein Schlupfloch im US-Recht zum Steuersparen. Sie waren dabei auf Hilfe aus Übersee angewiesen. Und weil sie für diese Hilfestellung auch gut bezahlten, machten viele Kommunen mit. Auch die Stadt Nürnberg sanierte so ihren Haushalt – auf Kosten der amerikanischen Steuerzahler. Inzwischen hat der amerikanische Gesetzgeber solche Transaktionen verboten. Die laufenden Verträge sind davon jedoch nicht betroffen.
Und so funktionierte das so genannte „Crossboarder Leasing“, also das Mieten über Grenzen hinweg: Ein US-Konzern leaste für 99 Jahre das gesamte Nürnberger Kanalnetz und die Kläranlage. Mit diesem Auslands-Deal konnte der US-Konzern richtig viel Steuern sparen.
Er zahlte dafür sofort einen hohen Betrag an die Stadt Nürnberg. Die mietete sich ihr Abwassersystem nämlich umgehend wieder von dem Konzern zurück. Dieser Nebenmietvertrag läuft bis 2029. Bis dahin überweist die Stadt regelmäßig ihre Miete in die USA. Das Geld dafür entnimmt der Kämmerer aus dem Leasing-Ertrag, den er langfristig angelegt hat.
Allerdings nicht den kompletten Betrag. 38,9 Millionen Euro verbleiben als Lohn für den Deal bei der Stadt Nürnberg. Die stopfte damit Haushaltslöcher und musste weniger Schulden aufnehmen. Die Zinsersparnis liegt bisher bei über 15 Millionen Euro. Also ein Vorteil von fast 55 Millionen Euro für die Stadt.
Das lief auch gut. Bis die Finanzkrise kam. Sie brachte das städtische Gelddepot ins Wanken. Denn das war von AIG abgesichert. Doch weil die Bonität der ins Trudeln geratenen Gesellschaft zurückgestuft wurde, musste Riedel eine andere Möglichkeit zur Geldanlage suchen (AZ berichtete). Der Kämmerer will nun nach AZ-Informationen US-Staatspapiere kaufen. Die sind sicher. Auch die VAG, die ihr rollendes Material verleast hat, hat dieses Geschäft mit solchen Papieren abgesichert.
Zwischen drei und vier Millionen Euro wird diese Transaktion kosten. Unterm Strich heißt das, dass von den 55 Millionen Euro Vorteil nun noch 50 Millionen übrig bleiben. Noch immer ein gutes Geschäft. Michael Reiner