Justiz-Palast: Jetzt werden alle Schlösser ausgewechselt
Der Behördensprecher wiegelt ab: Das neue Schließsystem hat mit der „Generalschlüssel-Affäre“ nichts zu tun. Die interne Suche nach dem Verantwortlichen für die Panne läuft.
NÜRNBERG Im Justizpalast an der Fürther Straße werden alle Schlösser ausgetauscht und durch ein komplett neues Schließsystem ersetzt. Mit der „Generalschlüssel-Affäre“, die vielerorts verständnisloses Kopfschütteln auslöste und bis in den Bayerischen Landtag durchschlug, soll dies nach Angaben des Behördensprechers jedoch nichts zu tun haben.
Anfang der Woche war bekannt geworden, dass zwei Häftlingen, die zum Aktenschleppen ins Justizgebäude abkommandiert wurden, aus Einfachkeitsgründen ein Generalschlüssel für den gesamten Gebäudekomplex ausgehändigt worden war. Der Schlüssel ermöglichte ihnen den Zutritt zu allen 500 Büros der Richter und Staatsanwälte.
Justizsprecher Thomas Koch wiegelte nach Bekanntwerden der Affäre ab: „Uns liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, dass die beiden Häftlinge den Schlüssel für unlautere Zwecke benutzt haben.“ Ganz ausschließen kann er so etwas allerdings nicht. Und Zeit genug, eine Kopie oder einen Abdruck des Generalschlüssels anzufertigen, hätten die beiden Männer durchaus gehabt.
„Unser Schließsystem entspricht nicht ganz dem Stand modernster Technik“
Hinter den Kulissen wird schwer über die Panne geflachst. „Ein Generalschlüssel ist doch gar nicht nötig. Wer sich ein bisschen auskennt, kann bei uns die Türen auch mit einem Kleiderbügel aus Draht öffnen“, sagte ein Justiz-Bediensteter zur AZ.
Die Version des Justizsprechers schlägt in dieselbe Kerbe, ist jedoch nicht ganz so drastisch formuliert. Thomas Koch: „Unser derzeitiges Schließsystem entspricht nicht ganz dem Stand modernster Technik.“
Die moderne Technik soll ab Oktober im Justizpalast Einzug halten. „Der Einbau eines neuen Schließsystems ist schon längere Zeit geplant“, versicherte Koch. Eingebaut wird ein so genanntes mechatronisches System. Statt eines herkömmlichen Schlüssels wird dann eine Chipkarte verwendet, die jedem Mitarbeiter individuell angepasst ist. Damit lassen sich nur bestimmte Türen in genau festgelegten Zeitfenstern öffnen. Außerdem kann der Weg des Benutzers über die gespeicherten Daten zurückverfolgt werden.
Innerhalb der Justiz ist man um eine genaue Aufklärung der „Schlüssel-Affäre“ bemüht. Thomas Koch: „Wir prüfen, wer für die Aushändigung des Generalschlüssels an die Häftlinge letztendlich verantwortlich ist – und ob gegebenenfalls disziplinarrechtliche Maßnahmen ergriffen werden müssen.“ Aus urlaubsbedingten Gründen konnte die Befehlskette bisher aber noch nicht exakt nachvollzogen werden.
Meldungen, wonach die Staatsanwaltschaft für die Panne verantwortlich sei, können nach Angaben des Justizsprechers derzeit nicht bestätigt werden. Koch: „Da kommen auch noch andere Abteilungen in Frage.“
Helmut Reister
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