Justiz-Entschädigungen: Bayern zahlt Millionen

München - Bayern zahlt pro Jahr rund eine Million Euro Entschädigungen für Menschen, die beispielsweise zu Unrecht in Haft saßen oder nach einer Untersuchungshaft freigesprochen wurden. Im Jahr 2021 waren es rund 1,4 Millionen Euro, die nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) ausgezahlt wurden, wie das Justizministerium auf Anfrage in München mitteilte. In den beiden Jahren davor waren es jeweils etwa eine Million Euro.
«So viele Entschädigungsfälle» seien «nicht akzeptabel», sagte der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im bayerischen Landtag, Toni Schuberl. «Die CSU-Regierung muss die Zahl der Fehlurteile und die Dauer der U-Haft senken.» Er forderte darum «endlich mehr Personal an den Gerichten und in den Staatsanwaltschaften».
Das Ministerium betont, dass eine Entschädigung nach dem StrEG kein Fehlverhalten staatlicher Stellen voraussetzt. Die Gelder umfassen also nicht nur Entschädigungen für eine Haft, die sich im Nachhinein als ungerechtfertigt herausstellt, sondern unter anderem auch Zahlungen nach Festnahmen, wenn das Verfahren gegen den Festgenommenen dann später eingestellt wird.
Vermeintlicher Badewannen-Mörder zu Unrecht im Gefängnis
Derzeit macht der Fall eines Mannes Schlagzeilen, der wegen des sogenannten «Badewannen-Mordes» möglicherweise zu Unrecht mehr als 13 Jahre lang im Gefängnis saß.
Manfred G. wurde Mitte August nach 4.912 Tagen aus der Haft entlassen, weil es erhebliche Zweifel daran gibt, dass er den Mord, für den er verurteilt wurde, tatsächlich begangen hat. Die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen den inzwischen 62-Jährigen wurde angeordnet.
Sollte er in diesem Verfahren freigesprochen werden, stehen ihm nach Angaben des Justizministeriums 75 Euro Entschädigung pro Tag zu. Das wären dann insgesamt 368.400 Euro. Bis vor einigen Jahren lag der Satz nur bei 25 Euro pro Tag.
Dazu könnte er dann auch noch materiellen Schaden geltend machen, beispielsweise wegen Verdienstausfalls. Sollte er den bekommen, könnten allerdings unter Umständen Kosten für Unterbringung und Logis davon abgezogen werden - das allerdings nur, wenn er außerhalb des Gefängnisses keine Wohnung mehr unterhalten musste, wie ein Ministeriumssprecher erläuterte.
G. ist verheiratet und Vater von drei Kindern, von denen eines erst zwei Jahre alt und das jüngste noch nicht einmal auf der Welt war, als er verurteilt wurde. Jahrelang kämpfte G. für die Wiederaufnahme seines Verfahrens. Erfolg haben solche Bemühungen selten, genaue Zahlen liegen nicht vor.
2.900 Anträge seit 2009
Rund 2.900 Anträge auf ein Wiederaufnahmeverfahren zugunsten des jeweiligen Angeklagten wurden seit 2009 an bayerischen Amts- und Landgerichten gestellt, wie das Ministerium mitteilte. Wie viele dieser Anträge Erfolg hatten, wird nach Ministeriumsangaben nicht statistisch erfasst.
Das Ministerium verweist statt eigener Zahlen auf ein vier Jahre altes Forschungsprojekt der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden. Demnach hatten in den Jahren 1990 bis 2016 deutschlandweit nur 31 Wiederaufnahmeanträge von Inhaftierten Erfolg, wie ein Ministeriumssprecher mitteilte.