John C. Woods, der Henker von Nürnberg

US-Sergeant vollstreckte in der Nacht zum 16. November 1946 die Todesurteile gegen die Hauptkriegsverbrecher.
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Sergeant John C. Woods von der 3. US-Army vollstreckte die Todesurteile gegen die Nazis.
Stadtarchiv Sergeant John C. Woods von der 3. US-Army vollstreckte die Todesurteile gegen die Nazis.

US-Sergeant vollstreckte in der Nacht zum 16. November 1946 die Todesurteile gegen die Hauptkriegsverbrecher.

NÜRNBERG Vielleicht würde ein Blick in geheime Akten des US-Militärs genaueren Aufschluss darüber ergeben, warum Sergeant John C. Woods ausersehen wurde, den finalen Schlusspunkt im Prozess gegen die Elite des Nazi-Regimes zu setzen. Er war nicht der einzige Henker im Dienst der US-Army, doch der Auftrag, die Todesurteile des Internationalen Militärgerichtshofs in Nürnberg zu vollstrecken, landete bei ihm.

Ein Punkt, der bei der Wahl des Scharfrichters eine Rolle gespielt haben dürfte, war die große Erfahrung, die John C. Woods in die Waagschale werfen konnte. Eigenen Angaben zufolge blickte der gebürtige Texaner auf 15 Berufsjahre und erstaunliche 347 Hinrichtungen zurück.Das ist zumindest ein Hinweis auf langjährige Zufriedenheit seines Arbeitgebers, aber auch auf seine berufliche Kompetenz. Umso erstaunlicher ist der handwerkliche Pfusch, den er bei der Hinrichtung der Nazi-Größen an den Tag legte.

Laut dröhnte das Hämmern am Galgen bis in die Todeszellen

Die Vorbereitungen bei der Errichtung des Galgens, die Scharfrichter John C. Woods persönlich überwachte, verliefen nach einem präzisen, bis ins Detail festgelegten Plan. Eine Dämpfung der Geräuschkulisse beim Zusammenbau der Hinrichtungsstätte war darin nicht vorgesehen. Und so blieb die immer näher rückende Stunde des Todes auch den verurteilten NS-Schergen, denen der Zeitpunkt der Hinrichtung nicht genannt worden war, nicht verborgen. Zu laut dröhnte das Sägen und Hämmern aus der nahegelegenen Gefängnis-Turnhalle in die Zellen. Als die Hinrichtungen in der Nacht vom 15. auf den 16. November 1946 kurz nach Mitternacht begannen, verließ den Henker schlagartig die Präzision.

Kingsbury Smith von der US- Nachrichtenagentur International News Service hatte das zweifelhafte, zwischen Sensationsgier und Abscheulichkeit angesiedelte Vergnügen, der Vollstreckung der Todesurteile beizuwohnen. Nicht nur er, wie sich später herausstellte, konnte beobachten, dass der Weg der Delinquenten ins Jenseits ein schmerzhafter und qualvoller Akt war. Aufgrund der Tatsache, dass die beim Erhängen verwendeten Stricke deutlich zu kurz bemessen waren, starben etliche der Verurteilten nicht durch einen schnellen Genickbruch. Der Tod trat erst nach qualvoll langsamem Ersticken ein.

Abmessungen der Falltüren waren zu klein - Kopfverletzungen

Auf den Bildern der Toten, die im Auftrag der US-Army angefertigt wurden, sind auch schwere Verletzungen in deren Gesichtern zu erkennen. Inzwischen kennt man auch den Grund dafür. Sergeant C. Woods, der abgebrühte Scharfrichter, hatte auch die Abmessungen der Falltür unter dem Galgen zu klein bemessen. Die Delinquenten schlugen sich beim Fall in die Schlinge an den scharfen Kanten die Köpfe an. War das seine ganz persönliche Rache?

Dem Stil makabrer Momente blieb Sergeant Woods bis in den Tod hinein treu. 1950, vier Jahre nach seinem beruflichen Ausflug in die Weltgeschichte, starb er beim Hantieren mit einem von ihm weiterentwickelten elektrischen Stuhl durch einen Stromschlag.

Die Leichen der Kriegsverbrecher wurden noch in der Nacht der Hinrichtung unter konspirativen Umständen nach München gebracht. Nach ihrer Verbrennung in einem Krematorium wurde die Asche in den Cawentzbach, einem Nebenfluss der Isar, gestreut.Helmut Reister

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