Jeder dritte Polizist wird Opfer von Gewalt

Platzwunden, Prellungen: In Nürnberg ist die Zahl der Übergriffe überproportional hoch.
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Einsatz am Brennpunkt: Jeder dritte Nürnberger Streifenpolizist wurde schon Opfer von Gewalt. Die brutale „Kundschaft“ ist meist männlich, zwischen 20 und 29 Jahre alt und betrunken.
Berny Meyer Einsatz am Brennpunkt: Jeder dritte Nürnberger Streifenpolizist wurde schon Opfer von Gewalt. Die brutale „Kundschaft“ ist meist männlich, zwischen 20 und 29 Jahre alt und betrunken.

Platzwunden, Prellungen: In Nürnberg ist die Zahl der Übergriffe überproportional hoch.

NÜRNBERG Der Mann in der Bar war blau. Er hatte gefeiert, als es ans Zahlen ging, gab es Probleme. Der Wirt rief die Polizei. Hauptmeister Christian F. rückte an, er nahm den Randalierer fest. Doch auch auf dem Weg zur Zelle wehrte sich der 38-Jährige noch so heftig, dass der Beamte mit ihm stürzte. Die Folge: Absplitterung an der Schulter, ein Jahr Schmerzen, vier Monate dienstunfähig. Kein Einzelfall, jeder dritte der 700 Streifenbeamten in Nürnberg wurde schon Opfer einer Straftat!

„Die Gewalt in Nürnberg ist überproportional hoch. Hier leistet ein Drittel der Beamten des Polizeipräsidiums Mittelfranken Dienst. In der Frankenmetropole werden aber über die Hälfte der 418 mittelfränkischen Fälle aktenkundig“, erklärt Rainer Nachtigall, stellvertretender Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft DPolG. Meist passiert es nachts (60 Prozent), der Schwerpunkt an Samstagen und Sonntagen zwischen 3 und 4 Uhr, die Schläger sind männlich, zwischen 20 und 29 Jahre – und betrunken.

„Nicht jeder erstattet Anzeige.“

Das „Dauerproblem“, wie Nürnberger Polizeichef Gerhard Schlögl die Gewalt gegen seine Kollegen bezeichnet, „spielt sich meist im Umfeld von Discotheken und Gaststätten ab“. Die Zahl der angezeigten Taten sei sogar nur die Spitze des Eisbergs: „Nicht jeder erstattet Anzeige.“ Und das, obwohl „fast alle Widerstände mit körperlicher Gewalt einhergehen“. Schlögl: „Gottseidank handelt es sich um keine schwerwiegende Verletzungen, so dass die Leute nicht über längere Zeit ausfallen.“ Meist bleibe es bei Handgelenksverstauchungen, Platzwunden und Prellungen.

Oft entwickelt sich die Aufruhr nach einer scheinbar ungefährlichen Personenkontrolle – 80 Prozent der Angriffe ergeben sich unvermittelt aus scheinbar harmlosen Situationen, so das Fazit einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen. „Zu bestimmten Discotheken fahren wir gar nicht mehr mit einer Streife an“, so Schlögl. Mit der Stadt versuche er „Gewaltnester“ zu reduzieren. „Ein Teilerfolg war das Verbot der Billig-Saufpartys.“

Doch nach wie vor ist Gewalt gegen Polizisten alltäglich: 2007 wurden in Bayern täglich im Schnitt zehn Widerstandshandlungen zum Nachteil von Vollstreckungsbeamten angezeigt. Skandalös: Bislang muss der betroffene Polizist, um Schmerzensgeld einzutreiben, selber den Gerichtsvollzieher beauftragen und bezahlen. Der Kampf lohnt sich oft nicht: Laut Nachtigall haben die Übeltäter meist kein Geld, um zu zahlen.A. Uhrig

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