Ist es normal, dass in Bayern überall noch Wespen sind? Wann sie gehen werden
München - Vor der Theke der Bäckerei reihen sich die Kunden aneinander. Wochenend-Einkauf. Hinter der Theke ist auch einiges los, mehrere Wespen schwirren über Nussschnecken und Blechkuchen hinweg. Und das Mitte Oktober. Die Verkäuferin schnauft – und hat ihre liebe Not, nicht versehentlich in eins der hungrigen Insekten zu fassen. Sie freue sich schon, wenn das endlich vorbei ist, sagt sie noch mit einem Schulterzucken.
Ist es normal, dass es Mitte Oktober noch Wespen gibt? Ja. Auch wenn man sie gefühlt eher in den August und September verortet. "Die Deutsche und die Gemeine Wespe sind oft noch bis Oktober, manche auch bis November oder sogar Dezember zu finden", erklärt Pressereferentin Stefanie Bernhardt vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern (LBV) der AZ auf Nachfrage. "Das hängt stark davon ab, wo sie ihre Nester gebaut haben. Nester an wärmeren Standorten überleben deutlich länger als an kühleren."
Warmer Herbst in Bayern: Solange die Wespen Nahrung finden, leben sie auch ohne die Königin weiter
Theoretisch meint sie: "Wenn es bei uns noch milder wäre, könnten die Nester auch mehrjährig überleben, das passiert zum Beispiel in Neuseeland." Weiter teilt der LBV mit: "Da wir dieses Jahr einen warmen Herbst haben und die Menschen viel draußen sind, fällt es uns wahrscheinlich auch stärker auf, dass die Wespen noch unterwegs sind."
Was bekommen die Insekten nun noch zu fressen, wenn sie sich nicht gerade in einer Bäckerei bedienen? So lange die Temperaturen warm seien und noch Nahrung zu finden sei, lebten die letzten Wespen eines Volkes weiter, auch wenn die Königin schon tot ist. Die Nahrung der "erwachsenen" Wespen besteht laut Bernhardt jetzt meistens aus "Nektar, Pflanzensäfte, zum Beispiel von Fallobst, oder Honigtau".
Weniger Wespen und Schmetterlinge: Insgesamt war 2023 jedoch kein gutes Jahr für Insekten
Wie ist das Wespenjahr 2023 insgesamt ausgefallen? Gab es viele oder wenige? Dazu sagt die Sprecherin: "Da der Frühling in großen Teilen Deutschlands feucht und kalt war, war das schlecht für die Wespenköniginnen. Unter solchen Umständen können diese nämlich im Frühjahr keine größeren Nester bauen, wo sie dann Unterstützung beim Ausbau von vielen Arbeiterinnen bekommen und sich zahlreich vermehren können."
Daher war es insgesamt kein gutes Jahr für die Insekten: "Stattdessen hatten die Königinnen durch die Nässe und Kälte weniger Futter und weniger Kraft, und die Völker, die sich nun entwickelt haben, sind tendenziell kleiner als im Vorjahr." Deswegen begegneten uns jetzt sogar im Herbst weniger Wespen – "was übrigens auch auf die Anzahl der Schmetterlinge dieses Jahr zutrifft".
Wenn der erste Frost kommt, gehen die Wespen
Zur Erinnerung: Nach einer deutschlandweiten Insekten-Zählaktion von Naturschutzbund (Nabu) und bayerischem Landesbund für Vogel- und Naturschutz hatte Insektenexpertin Laura Breitkreuz Ende August gesagt: "2023 ist wirklich gar kein Schmetterlingsjahr. Noch nie wurden uns so wenige Falter gemeldet."
Aber zurück zu den Wespen. Die ungünstige Witterung sei nicht der einzige Grund für weniger Exemplare, so die LBV-Sprecherin. "Die Trends der Wespen und Insekten im Allgemeinen sind insgesamt extrem rückläufig, weil Insekten ihren Lebensraum und ausreichend Nahrung verlieren." Seit dem Wochenende ist das Wetter nun deutlich kühler – endet damit die Wespen-Saison endgültig? Bernhardt teilt mit: "Mit den ersten Frostnächten im Herbst ist die Hochzeit der Wespen vorbei und sie gehen je nach Neststandort nach und nach ein."
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