Ist dieser Rollstuhl-Opa (77) ein widerlicher Sex-Killer?
NÜRNBERG - Überfallen, vergewaltigt und erwürgt: Prozess um den Mord an einer 86-jährigen Rentnerin, der sich vor 32 Jahren in Schwabach zugetragen hat
Er sitzt im Rollstuhl wegen eines Lungenleidens. Das Sauerstoffgerät steht gleich neben ihm. Sein Gehör funktioniert auch nicht mehr gut. Rentner Werner S. (77) ist ein Bild des Jammers. Doch seit gestern muss er sich vor dem Nürnberger Schwurgericht verantworten. Als brutaler Sex-Killer... Vor 32 Jahren soll Werner S. die damals 86-jährige Anna S. erst vergewaltigt und danach erwürgt haben. Doch der mutmaßliche Mörder schweigt zu den Vorwürfen. Erst 2008 kam man dem vorbestraften Sexualtäter durch einen DNA-Abgleich auf die Spur.
Der Fall: Die trotz Gehstock und Kehlkopfkrebs noch rüstige Rentnerin Anna S. (86) nahm am 8. September 1977 an einem Busausflug teil, kehrte um 21 Uhr nach Schwabach zurück. Auf dem Heimweg wurde sie von einem Mann beraubt, vergewaltigt und erwürgt. Dann fuhr sie der Täter in einem Ford Capri weg – und warf die halbnackte Leiche bei der US-Kaserne im Stadtteil Eichwasen in den Straßengraben. Ein US-Soldat fand sie am nächsten Morgen. Die Kripo Schwabach ermittelte. Doch auf Werner S., damals 45 und „Greenkeeper“ auf dem Golfplatz der US-Armee in Fürth, kam man nicht.
Überprüft wurden 800 Capri-Fahrer aus der Region. Doch die gestern vernommenen damaligen Kriminalbeamten (64 bis 76) konnten sich kaum mehr an den Fall erinnern. Auch Xaver S. (65), 1977 Ermittlungsleiter, musste öfters passen. So bezweifelte Verteidiger Jürgen Lubojanski, dass Anna S. zwei Schlüpfer trug: einen blauen und einen weißen darunter – denn der weiße sei erst vor zehn Jahren in den Akten erwähnt worden. An beiden habe man Sperma-Spuren von Werner S. gefunden. Die DNA-Auswertung war erst ab 1998 möglich, die Blutgruppenbestimmung aus dem Sperma schon vorher: „Es wurde Blutgruppe Null gefunden“, so der Anwalt. „Doch der Angeklagte hat Bplus.“
Zwei weitere Ford-Capri-Fahrer kamen 1977 als mögliche Täter in Betracht. Ihre Blutgruppen stellte man nicht fest. Bei dem einen (damals 44), fand sich ein Büschel grauer Haare im Auto – sie wurden auch nicht untersucht. Der zweite, ein Metzger (damals 33), versuchte, sich im Pkw umzubringen – er überlebte. Auch habe die Kripo weder bestimmte Fußspuren überprüft, noch das mittelblonde, lange Haar in der Hand der Rentnerin. Die Erkenntnisse der Kripo füllten zehn Akten. Doch: „Was ist ermittelt worden?“, fragte der Anwalt. Und es gibt noch eine Spur: Zwei Männer sahen vor der Tat ein Liebespaar – einen jungen Mann und eine Seniorin. Der Prozess geht am Mittwoch weiter.cis
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